Bekämpfung der Fluchtursachen in Afrika: Erfahrungsbericht eines Schongauer Arztes

Foto: Bettina Buresch

Bettina Buresch

Die Ankündigung eines Vortrags von Dr. med. Armin Kirschner »Als Arzt in Afrika – Fluchtursachen bekämpfen« am 11.04.2016 (im Hotel »Alte Post«) hatte mein Interesse geweckt. Erfreut konnte ich am Tag der Veranstaltung feststellen, dass sich zahlreich Zuhörer eingefunden hatten, um aus erster Hand von den Einsätzen des im Schongauer Krankenhaus tätigen Anästhesisten und Intensivmediziners in Tansania, Kamerun und anderen afrikanischen Staaten zu erfahren.

Für seine caritative Arbeit nahm sich der Mediziner stets monatsweise unbezahlten Urlaub. Seit vielen Jahren ist er auf diesem Kontinent, dessen Landschaften, Menschen und Kultur ihn faszinieren, aktiv. Es scheint fast, als hinge das Schicksal Afrikas am Engagement solcher Einzelkämpfer. Der Aufbau der Nationen wird gehemmt durch ein fatales Zusammenspiel von lokalen und globalen Machtinteressen, gewissenloser Korruption, kolonialen Altlasten, Militarismus, Machismus und fehlgeleiteter Entwicklungshilfe.

Kirschner zeigte exemplarisch am Betrieb einer von ihm unterstützten Klinik am Viktoriasee, die etwa 10 Millionen(!) Menschen versorgt – sie war durch die Tatkraft eines einzelnen fähigen Gynäkologen nach jahrelangem Verfall wieder ertüchtigt worden – mit welchen »Tücken des Alltags« das medizinische Personal dort zu kämpfen hat. Nicht nur Stromausfälle und Mangel an Fachkräften, auch fehlende Wartung von Geräten stellen große Risiken für die Patienten dar. Es fehlen Handwerker und je mehr Hightech das medizinische Gerät in sich birgt, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass es bei einer Störung nicht mehr gerichtet und schließlich nutzlos wird.

Gute medizinische Versorgung ist in solchen instabilen Ländern mit gigantischen Ausmaßen, aber ohne Infrastruktur, ohne Krankenversicherung oder Rechtsschutz, eine Sache des Geldes – oder des Glücks. Dies verdeutlichte Dr. Kirschner am Beispiel einer in Nairobi ansässigen, hervorragend funktionierenden und ausgestatteten Flugrettung, die so manchen Noteinsatz für die einfache Bevölkerung durch lukratives Ausfliegen von betuchten Patienten nach Europa querfinanziert.

Der mit Dias illustrierte Bericht war ungemein authentisch, machte fassungs- und ratlos. Aus dem Publikum kamen viele fundierte Fragen, die der Mediziner ausführlich beantwortete.

Wohin steuert Afrika? Wie kann man dazu beitragen, dass nicht alle, die noch Ambitionen haben, ihren Heimatländern den Rücken kehren, statt sich mit all ihrer Kraft vor Ort einzubringen?

Im Kleinen beginnen, Hilfe zur Selbsthilfe, Bildung, verständnisvolle Zuwendung und Eingehen auf Mentalitäten, die Stabilisierung demokratischer Verhältnisse, die Aufwertung der Frauen, das Vorleben von Verlässlichkeit und Verantwortung sind allemal besser als Bevormundung und uninspirierte Entwicklungspolitik. Menschen wie Armin Kirschner kann für ihren selbstlosen optimistischen Einsatz nicht genug gedankt werden.

Bettina Buresch
Schongau
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