Die Gier nach Sand

Titel Oha Sand Bagger

Sandabbau ist ein einträgliches Geschäft … und eine ökologische Zeitbombe.

Im Krieg der Märkte zählt nur der Profit

Sand gibt es doch genug, möchte man meinen. Dass der Sand als elementarer Wertstoff zu den wichtigsten und inzwischen begehrtesten Grundlagen unserer modernen Entwicklung gehört, ist in den Diskussionen über Nachhaltigkeit und Bewahrung der Schöpfung noch nicht angekommen. Die Ressource Sand gilt in weiten Kreisen noch als unerschöpflich.

Wie wenig die Knappheit von Sand bislang ins Bewusstsein der Menschen vorgedrungen ist, zeigt auch die Tatsache, dass die EU das Thema noch nicht auf ihre Prioritäten-Agenda gesetzt hat. Dabei ist der weltweite Sandabbau eine Zeitbombe größten Ausmaßes und müsste die Umweltschützer aktiv werden lassen. Sand ist ein Bestandteil in vielen Produkten, die im Alltag gebraucht werden: in Glas, Wasch- und Reinigungsmitteln, Haarspray, Kosmetika sowie in Solarmodulen und der Computer-Technologie. Ohne hochwertigen Sand würden keine Geldautomaten, Kreditkarten und Handys funktionieren. Vor allem aber wird Sand im Bausektor verwendet. Seit etwa 150 Jahren wird Sand mit Zement zu Beton vermischt. Die Erfindung des Stahlbetons sorgte für einen Boom in der Bauin­dustrie und heute prägt Sand unsere gesamte Infrastruktur und das Aussehen unserer Städte. Etwa zwei Drittel aller Bauwerke auf unserem Planeten sind aus Stahlbeton. Dieser besteht zu zwei Dritteln aus Sand, und zu einem Drittel aus Zement. Welche Mengen an Sand in verschiedenen Bereichen eingesetzt und verbraucht werden, können folgende Beispiele veranschaulichen: Für den Bau eines Hauses mittlerer Größe werden etwa 200 Tonnen Sand benötigt. Höhere Dimensionen werden im Straßenbau erreicht. Ein Kilometer Autobahn verbraucht etwa 30.000 Tonnen Sand. Noch viel mehr Sand steckt jedoch in einem Atomkraftwerk, etwa 12 Millionen Tonnen! Der weltweite Gesamtverbrauch wird auf über 15 Milliarden Tonnen Sand pro Jahr geschätzt. Dennoch wird die wissenschaftlich festgestellte und rasant fortschreitende Verknappung der Ressource Sand kaum wahrgenommen. Gleichsam als Beruhigung kommt häufig der Hinweis auf die riesigen Sandmengen in den beinahe unendlich und unerschöpflich erscheinenden Wüsten.

Noch viel Sand in den Wüsten

Die Problematik aufgrund des weltweiten Sandabbaus wäre geringer, wenn die Märkte sich in den Wüsten mit brauchbarem Baumaterial versorgen könnten. Aber Wüstensand ist als Baustoff ungeeignet. Die Struktur dieses Sandes unterscheidet sich stark vom Meeressand: Durch permanente Reibung mit Wind erhalten die Sandkörner in der Wüste eine abgeschliffene runde Form. Sie lassen sich deshalb nicht zu einem stabilen Baustoff verarbeiten. Der raue Sand aus dem Meer bzw. aus den Flüssen ist anders strukturiert. So erklärt sich, warum Dubai trotz seiner Wüsten von Sandimporten abhängt, zum Beispiel aus Australien.

Krieg der Märkte

Der auf Profitmaximierung ausgerichtete Sandhandel ist zum weltweiten Problem geworden. Sandschmuggel ist ein einträgliches Geschäft. Tonnenweise verschwindet Sand von den Stränden der Karibik, Asiens oder Afrikas. Geschädigte Anwohner sprechen auch von »skrupelloser Sandmafia« bzw. von »Sandpiraten«. Diese begehen den Sanddiebstahl oft mit Duldung der Politik, ja sogar unter dem Schutz korrupter Behörden in aller Öffentlichkeit.

Die Strände verschwinden aber auch ohne Sandmafia. „Weltweit sind 75 bis 90 Prozent der Strände auf dem Rückzug“, sagt Prof. Gary Griggs, University of California, Santa Cruz. Und die Lage werde sich weiter verschlechtern, so Griggs, denn die Erosion schreite schneller voran als erwartet.

Aber die Erosion ist nur das Symptom. Durch Verbauungen zu nahe am Wasser (Hotels, Mauern usw.) können sich die Strände nicht mehr zurückziehen. Sogenannte »Aufschüttungskuren« zur Minderung der Schäden helfen nicht. Der aufgeschüttete Sand lässt sich nicht zähmen und verschwindet wieder innerhalb kurzer Zeit. Die ständig wachsende Zahl der Staudämme ist ein weiteres Problem. Diese Bauwerke bewirken, dass der Sand in den Flüssen blockiert wird und nicht mehr ins Meer gelangt.

Sigi Müller
(Zahlenmaterial aus arte »die neue Umweltzeitbombe«)
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