Ein Gespenst geht um in Europa (resp. Deutschland)

Hans Hahn

Hans Hahn

– das Gespenst des Kommunismus*

* Kommunistisches Manifest, Marx/Engels, 1848

In der Überschrift eines Artikels von Gesine Lötzsch, der Vorsitzenden der Partei DIE LINKE in der Tageszeitung »junge Welt« ist es gefallen, das böse, böse K-Wort. Kaum einer der lauthals Schreienden hat den Artikel gelesen. Ganz bestimmt nicht der Bayerische Innenminister Herrmann. Wozu auch? Geht es doch nicht um Inhalte, sondern um den traditionsreichen Antikommunismus. Tatsächlich hat Gesine Lötzsch in ihrem Artikel beschrieben, welche Ziele DIE LINKE verfolgt, nämlich in der Tat eine andere Gesellschaft. Eine Gesellschaft, in welcher alle nach ihren Fähigkeiten und Neigungen frei leben können, ohne Ausbeutung ihrer Arbeitskraft zur Schaffung eines Mehrwertes, welcher einer kleinen Minderheit der Kapitaleigner zugute kommt. Kommunismus war und ist eine gesellschafts- und wirtschaftspolitische Utopie und wie jede Utopie allenfalls ein Endziel.

Anders als Herr Herrmann, Herr Dobrindt und viele andere immer wieder unisono behaupten, ist in unserem Grundgesetz (und auch in der Bayerischen Verfassung) keine Wirtschaftsordnung festgeschrieben. Schon gar nicht der »real existierende Kapitalismus«. Ganz im Gegenteil stehen dort viele Dinge, die von den Herrschenden und ihren Handlangern ständig missachtet werden.

Zweifellos haben sich die Lebensumstände der arbeitenden Bevölkerung (damals Proletariat) seit 1848, dem Erscheinungsdatum des Kommunistischen Manifestes, geändert. Aber gerade die letzte Dekade hat gezeigt, dass es keine grundlegenden Veränderungen gab. Die neudeutsch Prekariat genannte Unterschicht wird erniedrigt, ausgegrenzt und verachtet. Sie wächst, während die Reallöhne sinken und die sog. Mittelschicht schrumpft. Die Aneignung des Mehrwertes durch die herrschende Oberschicht findet mit Hilfe der kapitalistischen Medien weitgehend im Verborgenen statt. Die perfide Formel von der Eigenverantwortung des Individuums sorgt konstant für eine Spaltung der Gesellschaft zwischen unten und oben.

Vor diesem Hintergrund muss die Diskussion über den Begriff Kommunismus auch betrachtet werden.

Freilich, das K-Wort ist kontaminiert! Wie Gregor Gysi richtig feststellte, verbinden die meisten Menschen, insbesondere im Westen der Republik, mit dem Begriff Kommunismus den bolschewistischen Terror in der untergegangenen UdSSR und das SED-Regime der ebenso untergegangenen DDR, die Mauer und ihre Toten und viele andere schreckliche Verbrechen, welche im Namen dieser Utopie begangen wurden. Das kann man auch niemand übel nehmen. Dass es in der DDR so manche soziale Errungenschaften gab, kann wohl kaum dagegen aufgerechnet werden (auch wenn das einige immer wieder versuchen).

In der Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte sind wir (DIE LINKE) noch lange nicht am Ende. Unter Stalins Opfern waren nicht wenige aufrechte deutsche Kommunisten und die kommunistische Ikone Ernst Thälmann war ein Stalinist.

Gerade wir im Westen sollten aber nicht vergessen, dass wir den zur »sozialen Marktwirtschaft« glatt gebügelten Kapitalismus der Auseinandersetzung im sog. »kalten Krieg« zu verdanken haben. Seit dem Zusammenbruch des »real existierenden Sozialismus« (der alles andere als Sozialismus war!) zeigt die Marktwirtschaft immer deutlicher ihr wahres, nämlich kapitalistisches Gesicht. Und wir sollten uns einmal mehr daran erinnern, mit welchem Personal die »alte« Bundesrepublik aufgebaut wurde. Die Fundamente sind tiefbraun und manchmal rot vom Blut der Opfer aus der NS-Zeit. Abertausende Täter kamen nicht nur ungeschoren davon, sondern machten in dieser Bundesrepublik Karrieren.

„Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen“, sagt der Volksmund.

Worum geht es eigentlich wirklich? Es geht um eine andere, eine menschlichere Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung. Und, ja, es geht um Umverteilung und zwar von oben nach unten, von den Reichen zu den Armen, von den Konzernen zu den öffentlichen Haushalten. Und es geht um Gerechtigkeit, also um den tatsächlichen Anteil des Faktors Arbeit am geschaffenen Mehrwert. Und es geht um Menschlichkeit, also darum, dass alle Menschen gleich viel Wert haben und Achtung verdienen, niemand zurückgelassen werden darf. Genau das hat Gesine Lötzsch in ihrem Artikel beschrieben.

Der Weg zu einer solchen Gesellschaft ist in einer vom Kapital beherrschten Gesellschaft steinig und hart. Demokratische Mehrheiten gegen die Massenmedien zu finden, gegen Vorurteile und stetige Angriffe ist ein hartes Brot. Aber es gibt keine Alternative dazu.

Hans Hahn
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