Eine Gefahr für das Recycling in Europa

Das Bessere MüllkonzeptMehr Müllverbrennungskapazitäten als Müll vorhanden. EU-Petition gestartet.

Brüssel, 21. Januar 2013: Eine neue Studie zeigt, dass in einigen EU-Staaten die in Betrieb befindlichen Müllverbrennungsanlagen mehr Müll verbrennen könnten, als nicht-recyclingfähiger Müll vorhanden ist. Dennoch will die Industrie ihre Kapazitäten in der europäischen Region weiter ausbauen. Ergebnisse der Studie:

  • Deutschland, Schweden, Dänemark, die Niederlande und Großbritannien haben bereits eine Verbrennungsüberkapazität.
  • Dadurch hat der Transport von zu verbrennendem Müll international zugenommen. Das widerspricht dem EU-Grundsatz der Nähe[1] und verursacht unnötige CO2-Emissionen.
  • Obwohl jetzt schon 22 Prozent des europäischen Mülls verbrannt wird, plant die Industrie, die europäischen Müllverbrennungskapazitäten noch zu erweitern: Damit untergräbt sie die Ziele der Roadmap für ein ressourceneffizientes Europa,[2] in der Müllvermeidung, Wiederverwendung und Recycling Priorität eingeräumt wird.
  • Die Zunahme der Mülltransporte kann das Erreichen der Recyclingziele gefährden, besonders in den Ländern, die augenblicklich noch weiter davon entfernt sind, sie zu erreichen.

„Wenn die Europäische Kommission ihrer Verpflichtung, die Verbrennung von nicht recyclebarem Müll zu begrenzen, nachkommen soll, dann sollte die Strategie die sein, Verbrennungsanlagen zu schließen und nicht neue zu bauen.

Die Ziele der Roadmap für ein ressourceneffizientes Europa und die Recyclingziele können nicht erreicht werden, wenn die Europäische Kommission die europäischen Müllverbrennungskapazitäten nicht streng kontrolliert.“ So Joan Marc Simon, Ko-Ordinator von GAIA.

In Deutschland sind die Ziele der Roadmap für ein ressourceneffizientes Europa reine Lippenbekenntnisse, denn die Recyclingquoten bei den Verpackungen sind immer noch zu niedrig und für den Neubau von Müllverbrennungskapazitäten gibt es kaum Hürden. Notwendige Verbesserungen bei Müllvermeidung und Recycling kommen nur ganz langsam voran, wenn überhaupt.

„Wenn die Verbrennungsüberkapazität so bleibt oder sogar noch zunimmt, wird das entweder zu Lasten der Gebührenzahler gehen (weil sich die Müllgebühren erhöhen werden, um die nicht genutzte Kapazität mitzubezahlen), oder Müllvermeidung und Recycling werden verhindert, weil sonst nicht genug Müll zum Verbrennen da wäre. Die Europäische Kommission sollte den Nachschub von Verbrennungskapazität auf dem europäischen Markt kontrollieren, um sicherzustellen, dass Vermeidung und Recycling nicht gefährdet werden. Sie sollte auch alle ökonomischen und gesetzlichen Anreize vermeiden, die heute dem Verbrennen von Müll Vorschub vor dem Recycling geben.“ fordert J.M. Simon.

Dr. Hartmut Hoffmann, Sprecher des AK Abfall und Rohstoffe des BUND e.V.

 

EU-Petition gegen den Bau neuer Abfallverbrennungsanlagen

Adressat: Janez Potočnik, EU-Umwelt-Kommissar

Als Bürgerinnen und Bürger von Europa fordern wir die Europäische Kommission auf, dem Bau neuer Abfallverbrennungsanlagen Grenzen zu setzen. Die Verbrennung konkurriert mit dem Recycling von Abfällen, und es ist offensichtlich, dass viele Mitgliedsländer mehr Verbrennungskapazitäten als Restmüll haben. Daher möchten wir Sie auffordern, Maßnahmen zu treffen und Anreize zu geben, Abfälle so nahe an ihrem Entstehungsort wie möglich zu vermindern, wiederzuverwenden oder zu recyceln. Wenn Europa seine Ressourceneffizienzziele im Jahr 2020 erreichen will, sollten keine neuen Abfallverbrennungsanlagen gebaut werden. Über den Link kommt man auf die Seite von AVAAZ, wo die Unterschriften gesammelt werden.

 

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Die Situation im Landkreis Weilheim-Schongau

Die Erbenschwanger Verwertungs- und Abfallentsorgungsgesellschaft mbH (EVA) ist berühmt für die vorbildliche mechanisch-biologische Anlage (MBA) zur Behandlung des Restmülls, die früher mal eine Alternative zur Müllverbrennung war. Das hat sich geändert:

  • Etwa 20 Prozent des Mülls gehen bei der Verrottung und Kompostierung verloren.
  • Nur noch etwa 30 Prozent des Mülls werden in Erbenschwang deponiert.
  • Metalle werden aussortiert und weiterverwertet.
  • Aber seit Neuestem wird fast die Hälfte des angelieferten Hausmülls in der MBA als heizwertreiches Material aussortiert, zu Ersatzbrennstoffen (EBS) weiterverarbeitet und im Müllheizkraftwerk München energetisch verwertet. (vgl. EVA-Info 08/2012).
Claudia Fenster-Waterloo

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Quellenangaben / Hinweise


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  1. Das Prinzip der Nähe (Art 16 WFD 2008/98/EC) besagt, dass Abfall in der Nähe des Orts behandelt werden soll, an dem er entsteht und dass „das Netzwerk so beschaffen sein soll, dass die Gemeinde als ganze autark in Müllentsorgung und Müllverwertung ist.“ Seit die Abfallrahmenrichtlinie (2008/98/EC) den europäischen Markt für die Müllverbrennung öffnete, haben Transporte von Abfall zur Verwertung zugenommen, worunter auch die sogenannte thermische Verwertung zu zählen ist, was letztlich bedeutet, dass mehr ausländischer Müll in der EU verbrannt wird.
  2. Die Roadmap für ein ressourceneffizientes Europa (COM(2011)571), unterstützt vom Europäischen Parlament mit der Resolution vom 24. Mai 2012, legt fest, dass bis 2020 Verbrennung mit Energierückgewinnung auf nicht recyclebare Materialien beschränkt sein soll. Zurzeit verbrennt die EU 22 % des Mülls, und nicht recyclebare Materialien betragen weniger als 20 %.
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