Flüchtlingsdrama an Europas Grenzen – Zehntausende Millionäre verlassen die EU!

Mein Giro-Konto bei der Raiffeisenbank verwalte ich online. Das hinterlässt Spuren im Netz, an die sich kürzlich ein gewisser Herr Markus Miller heftete. Er schickte mir ungebeten eine Spam-Mail, um mich als Abonnenten seines »exklusiven Wirtschaftsdienstes Kapitalschutz vertraulich« zu gewinnen. (Einblick in meine bescheidenen Vermögensverhältnisse hatte er offenbar nicht, sonst hätte er mich wohl nicht der Zielgruppe für sein Magazin zugeordnet.)

Herr Miller kommt auf ein von der Öffentlichkeit weitgehend ignoriertes Drama zu sprechen, das sich seit Jahren vor unserer Haustüre abspielt: Tausende Millionäre, verfolgt von gnadenlosen Steuereintreibern, auf der Flucht vor Enteignung, bürokratischer Folter und auf verzweifelter Suche nach einem besseren Leben, verlassen ihre Heimat und müssen sich Fluchthelfern (manche sprechen auch von Schleppern) wie Herrn Miller anvertrauen, die ihnen gegen ein gutes Honorar verraten, wo es sich in dieser Welt noch gut leben lässt. Herr Miller weiß, wovon er spricht, ist er doch – nach eigenen Angaben – zuerst nach Österreich geflohen, dann in die Schweiz. Aber bald fühlte er sich dort ebenso wenig willkommen wie ein syrischer Kriegsflüchtling in Victor Orbans Ungarn und so schlug er sich für einige Zeit in die Vereinigten Arabischen Emirate nach Dubai durch. (Ob er sich jedes Mal einem geordneten Asylverfahren unterzog, bleibt unerwähnt.) Herr Miller hat inzwischen auf der Baleareninsel Mallorca Zuflucht gefunden, auf welcher Route, ob mit dem Flugzeug erster Klasse oder im Schlauchboot, gemeinsam mit einigen Hundert anderer verarmter Millionäre, verrät Herr Miller nicht. Aber auch Mallorca ist für Geflüchtete wie Herrn Miller kein wahres Paradies: Der dort geltende (Spitzen-) Vermögenssteuersatz von 3,4 Prozent ist für ihn gleichbedeutend mit »Enteignung« (weshalb er sich schon längst um einen Briefkasten in Panama bemüht haben dürfte). Aber da Herr Miller – im Gegensatz zu Asylsuchenden in Deutschland – keiner Residenzpflicht unterliegt, kann er ja notfalls weiterziehen, zum Beispiel nach Australien oder Kanada, die Herr Miller als Auswanderungsland für seinesgleichen besonders empfiehlt: „Allen voran deswegen, weil Australien und Kanada sehr strenge Einwanderungsgesetze haben“. Gesetze offenbar, die für Herrn Miller nicht gelten, sondern nur für jene, die vor Krieg, Elend und Hunger flüchten, vor denen möchten die Herren Millionäre möglichst nicht belästigt werden. So schreibt Herr Miller in seinem Ratgeber, „Mittlerweile kommt für mich der Sicherheitsaspekt dazu. Allen voran in Bezug auf die negativen Entwicklungen in der Flüchtlingskrise, die ich auf Mallorca nicht wahrnehme.“ Wie schön, es gibt also noch Orte auf dieser Welt, wo Flüchtlinge nicht angepöbelt und bedroht und ihre Villen, (pardon: Unterkünfte) nicht in Brand gesteckt werden. Auch die USA wertet Herr Miller übrigens „in Bezug auf die rechtsstaatliche Sicherung der Grenzen des Landes vor illegaler Einwanderung als positiv für eine mögliche Auswanderung: Sollte Donald Trump der nächste US-Präsident werden, dann dürfte die zurzeit nur noch sehr geringe Einwanderung von Muslimen in die USA faktisch zum Erliegen kommen.“ Donald Trump, der Hoffnungsträger der Geflüchteten und Entrechteten (sofern sie rassisch unbedenklich sind), Menschen also wie Markus Miller.

Einstweilen aber genießt der Flüchtling Markus Miller das Leben auf Mallorca: „Die Lebensqualität auf Mallorca ist enorm hoch“, schreibt er und begründet das wie folgt: „Die gesamte Infrastruktur sowie die übrigen Rahmenbedingungen wie Wetter, Meer und Strände, Berge, Golfplätze, Schulen, ärztliche Versorgung, oder die zahlreichen Flug- und Schiffsverbindungen sind in Europa relativ einzigartig.“ Wer möchte da nicht Flüchtling sein! Zumal wenn man zu all den Annehmlichkeiten, wie Schulen, Krankenhäusern, Straßen und Flugplätzen selbst nichts beigesteuert hat! (Bei uns fällt da allerdings manchmal das unschöne Wort »Asylschmarotzer« …)

Man glaube nun nicht, Herr Miller sei ein Einzelfall! Nein, in Europa sind es mittlerweile Zehntausende, die wie er auf der Flucht sind auf der Suche nach einer lebenswerten Zukunft. Was die »Lügenpresse« hartnäckig verschweigt, enthüllt nun Herr Miller: „Frankreich hat im letzten Jahr 10.000 Millionäre verloren … In Italien haben 6.000, in Griechenland 3.000 und in Spanien 2.000 Millionäre im selben Zeitraum ihren Wohnort aufgegeben. Diese leistungsstarken Menschen fallen dadurch als wichtige Beitrags- und Steuerzahler für die betroffenen Staaten weg.“ Ich bin erschüttert, überlege schon, ob ich mich nicht einem Helferkreis Millionärs-Asyl anschließen sollte – aber dann kommen mir doch Fragen, von deren Beantwortung ich mein weiteres Handeln abhängig machen will: Wie viele Steuern und Beiträge (zu was?) haben die »leistungsstarken Menschen« denn in den Ländern gezahlt, aus denen sie geflohen sind? Worin besteht ihre »Leistung«? (Herr Miller erwähnt in diesem Zusammenhang lediglich Berge, Meer, Sonne, Golfplätze …) Aber es wird gewiss »leistungsstarke Menschen« geben unter den Millionärs-Migranten, schließlich habe ich ja solche auch unter den Geflüchteten aus Syrien oder Afghanistan angetroffen: Ärzte, Lehrer, Handwerker, Ingenieure …

Herr  Miller will der Flüchtlingskrise (in seinen Worten „Auswanderungskrise“)  in den kommenden Monaten eine Sonderausgabe widmen, um das Thema zu vertiefen. Ich nehme an, er wird dann – in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) – auf folgende Fragen eingehen: Wie integriere ich mich in mein jeweiliges Gastland? Wo finde ich den besten Sprachkurs (arabisch, französisch, spanisch …)? Wer vermittelt mir die jeweilige Leitkultur? Welchen Beitrag kann ich leisten, um meinem Gastland etwas zurückzugeben? Vielleicht bin ich diesbezüglich aber auch allzu optimistisch, und Herrn Miller geht es vordringlich um die Frage, wo es die schönsten Golfplätze und die billigsten Haushaltshilfen gibt.

Wolfgang Fischer

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