Schongau: Einführung des Digitalfunks

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Sigi Müller

Aus dem Bau- und Umweltausschuss vom 13. Mai:

Auch Feuerwehr und Rettungsdienste sollen »aufrüsten«

Von Stadtrat Sigi Müller

Der Digitalfunk soll in Bayern den Analogfunk ablösen. Aus der Sitzungsvorlage konnten wir entnehmen, dass die Zeit drängt, weil vom 4. bis 5. Juni 2015, also in einem Jahr, der G8-Gipfel auf Schloss Elmau im oberbayerischen Wettersteingebirge stattfindet. Deshalb „soll das Digitalfunknetz im Oberland vorrangig ausgebaut werden“, heißt es da.

Der Kommandant der Schongauer Feuerwehr Werner Berchtold erläuterte, was in Schongau geplant ist. Ab Jahresende 2014 sollen in einem 6-monatigen Probebetrieb die „neue Technik“ TETRA (die schon 20 Jahre alt ist) getestet und mögliche Schwachstellen festgestellt werden. Für diesen Probebetrieb ist bereits die Zustimmung erfolgt. „Die Stadt Schongau hat (…) zugestimmt“, heißt es in der Vorlage. Ob da der Stadtrat in irgendeiner Form beteiligt war, bleibt jedenfalls unerwähnt. Für die Beschaffung der erforderlichen Endgeräte sei von Vorteil, so Berchtold, dass sie vom Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung übernommen wird. Durch die Sammelausschreibung würden die Geräte preislich günstiger. Herr Berchtold berichtete des Weiteren von Ausfällen im bestehenden analogen System. Zum aktuell ausgelösten Zeitdruck sagte er: „In gewisser Weise wird uns das Ganze schon übergestülpt, ein langsameres Vorgehen wäre sinnvoll.“ Begeisterung für die Einführung des Digitalfunks kam vor allem aus den Reihen der SPD. Die im Rettungsdienst tätigen SPD-Räte Schleich und Konrad äußerten sich fast überschwänglich. Armin Schleich meinte, dass es dann keine Funklöcher mehr geben werde. Die Erfahrungen vor allem in England, den Niederlanden und Dänemark, die  den TETRA-Funk schon länger einsetzen, sind andere. (Über die Mängel des Systems gibt es in vielen Medien einschlägige Infos.) Stefan Konrad erwähnte noch u. a. die Abhörsicherheit und wartet darauf, dass der Digitalfunk endlich kommt. Und SPD-Rat Friedrich Zeller wusste: „Da kommen wir gar nicht aus. Da müssen wir mitmachen.“ Im Übrigen: Wer glaubt heute noch, dass ein in den USA vor etwa 20 Jahren entwickeltes Funksystem abhörsicher ist oder sein wird?

Warum ich mich gegen den TETRA-Digitalfunk ausspreche: TETRA-Stationen senden immer, der Analogfunk nur bei Bedarf. Das TETRA-System sorgt also für eine Dauerbestrahlung! (Im Laufe des letzten Jahrzehnts haben sich die Zahlen für die nötigen Basisstationen von 4500 inzwischen mehr als verdoppelt!) Die zentrale Netzstruktur macht das System außerdem anfälliger! Wenn der zentrale Server ausfällt, geht gar nichts mehr. Das analoge System dagegen ist regional eingerichtet. Außerdem verbraucht das TETRA-System viel mehr Strom als der Analogbetrieb. Das analoge System liegt in der Hand der Behörde, TETRA in den Händen von GmbHs!

Zum Thema Gesundheitsschutz gibt es bei den Kritikern des TETRA-Systems eindeutige Aussagen. In den Ländern, die das System schon länger haben, also in Dänemark, den Niederlanden oder Großbritannien nehmen die Klagen zu! Es gibt Polizisten in England, die haben sich geweigert, digitale Funkgeräte weiter zu benutzen, auch aufgrund von gesundheitlichen Problemen (Kopfweh, Schlafstörungen, hoher Blutdruck usw.). Auch in Deutschland gibt es Feuerwehren, die nach negativen Erfahrungen wieder analoge Funkgeräte benutzen.

Widersprüchliche Aussagen gibt es seitens der Politik, z. B. zum Thema Gesundheit. So heißt es im Schreiben des Bayerischen Innenministeriums (vom 12.05.2011) einerseits, das TETRA-System sei „gesundheitlich unbedenklich“; andererseits wird von einem verbleibenden „Restrisiko“ gesprochen.

Der Widerstand wächst: In Bayern gibt es inzwischen über 220 Widerstandsgemeinden. Dazu gehören auch Miesbach, Buchloe, Unterdiessen und viele andere Orte, wo der Stadt- oder Gemeinderat die Einführung des Digitalfunks abgelehnt bzw. zumindest ein Moratorium (Verlängerung der Bedenkzeit bzw. Aufschub der Maßnahme) befürwortet hat. Das wäre auch für Schongau sinnvoll gewesen. Das analoge Funknetz soll bleiben und kann für wesentlich weniger Geld, als für den Digitalfunk eingeplant ist, auch verbessert werden, so jedenfalls sagen die Fachleute u. a. von »Diagnose>Funk«.

Fazit: Ein Moratorium – also über Sinn oder Unsinn von TETRA weiter nachdenken – will die große Mehrheit im Stadtrat nicht mehr.

Sigi Müller, Stadtrat
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