Tief durchatmen: Diesel bleibt unser »Jobmotor«

Wolf Grabo, Weilheim

Schadstofftests an Tieren und Menschen

In dem nun schon zweieinhalb Jahre andauernden Diesel-Skandal ist eine neue Dimension sichtbar geworden. Fast 10 Jahre lang arbeitete eine von BMW, Daimler, VW und Bosch gegründete »Europäische Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor« (EUGT, Bosch schied 2013 aus) gezielt daran, die vom Diesel ausgehenden Gesundheitsprobleme zu verharmlosen und die WHO von einer kritischen Untersuchung des Problems abzuhalten.

Dazu fanden in den USA Tests an Affen[1] statt, die zu Testzwecken Dieselabgase für eine bestimmte Zeit einatmen mussten. Verwendet wurde ein alter Diesel und ein VW mit neuester Abgastechnik im Vergleich. Robert Rubin, Direktor des LRRI sagte: „Die Behörden erwarten Schadstofftests an nichtmenschlichen Primaten oder anderen Tieren, bevor sie Tests an Menschen genehmigen.“

Bei Tests in Aachen wurde die Uni-Klinik von der EUGT beauftragt »Inhalationsstudien« an Menschen durchzuführen. Angebliches Ziel: Gesundheitliche Auswirkungen verschiedener NO2-Konzentrationen auf die Gesundheit zu testen, um die »Arbeitsplatzsicherheit« von Kfz-Mechanikern, Lkw-Fahrern und Schweißern zu verbessern. Das hatte die Ethik-Kommission der Uni genehmigt. In einem Versuchslabor des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin am Universitätsklinikum Aachen wurden 19 Männer und 6 Frauen 3 Stunden einmal pro Woche Dieselabgas in unterschiedlicher Konzentration ausgesetzt. Ergebnis laut EUGT: keine Wirkung.

Um das Ganze in seiner Bedeutung und Reichweite annähernd zu bewerten, halte ich Folgendes fest: VW unterlässt nichts, um die Werte des Schadstoffes NO2 im Diesel­abgas mittels diverser Manipulationen zu drücken, damit die gesetzlich vorgeschriebenen Werte angeblich eingehalten werden. Dabei scheut man sich nicht Methoden anzuwenden, für die gerade Deutschland zu Recht wegen seiner »wissenschaftlichen Experimente« in den Konzentrationslagern 1933 bis 1945 weltweit verachtet wird. Dass die »Ethik-Kommission« der Uni Aachen den Versuchen zugestimmt hat, zeigt welche Wirkung die »Drittfinanzierungen« der Unis bereits erreicht haben.

Und aus welchem Grund, um welchen Preis geschieht das alles? Um sich vor einer teureren Konstruktion bzw. allgemeinen Nachrüstung/Umrüstung zu drücken. Schon bei der Konstruktion bzw. Ausrüstung der Dieselmotoren standen die technischen Tricks und manipulierte Verbrauchs- und Abgas-Simulationspraktiken im Vordergrund – nicht die teure, mögliche Vermeidung von NO2. Das ist eindeutig Betrug zu Lasten des Käufers und der Volksgesundheit, um bessere Gewinnspannen zu erreichen, um höhere Dividenden und Boni zu finanzieren.

Inzwischen läuft eine allgemeine Empörungs- und Distanzierungswelle ab. Die EUGT ist letztes Jahr still und leise aufgelöst worden.

Mitschuld ist in jedem Fall der deutschen Politik zuzuschreiben, insbesondere dem Verkehrsministerium unter jahrzehntelanger Führung der UNION. Aber auch das Umweltministerium (SPD und GRÜNE) ist zu nennen. Allein die Tatsache, dass Dreiviertel des in der Luft vorkommenden NO2 von PKWs mit Dieselmotoren stammt, hätte alle Alarmglocken auslösen müssen. Bis heute bestehen keine wirksamen und vor allem praktizierte gesetzliche Vorgaben.

Zudem wurde jahrelang vom Verkehrsministerium eine Beschwichtigungs-, Nichthinsehens- und Duldungspolitik praktiziert – angeleitet und unterstützt und von einer wohldotierten Edellobby[2] und pseudowissenschaftlichen Studien! Wen wundert es, dass da der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie auf dem Jahresempfang am 30. Januar 2018 in Berlin vor „rund 700 hochrangigen Gästen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft“ (VDA) folgendes Statement abgeben konnte:

„Wir wissen genau, wo wir Fehler zu beseitigen haben. Und ich darf Ihnen sagen, wenn ich in die Führungsgruppe unserer Industrie hineinschaue, jeder ist sich bewusst, egal wie betroffen oder nicht, dass wir alles tun werden, um dort, wo Konsequenzen zu ziehen sind, Konsequenzen zu ziehen. Dass wir ein starkes Bewusstsein haben, schon in den ganzen letzten Jahren für Rechtstreue, für Compliance. Und dass wir auch genau wissen, Innovation, Technologie, Begeisterung für das Neue ist das Eine. Aber der ethische Kompass ist das Andere.“

Die deutsche Automobilindustrie, erklärt er, sei „Jobmotor und Innovationstreiber“.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Wolf Grabo, Weilheim

 

Quellenangaben / Hinweise


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  1. Die maßgeblich von VW betriebenen Tierversuche wurden in einem US-Forschungslabor in New Mexico durchgeführt. Das 1940 gegründete Lovelace Respiratory Research Institute (LRRI) ist ansässig auf der Kirtland-Luftwaffen-Basis von Albuquerque.
  2. Beispiel: Matthias Wissmann (CDU BW) u. a. ,1983 bis 1993, Wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, 1993 Bundesminister für Forschung und Technologie sowie von 1993 bis 1998 Bundesminister für Verkehr, seit 2007 Präsident des Verbandes der Auto­mobilindustrie (VDA)
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