»Zum Exempel«

Markus Söder, Bayerischer Finanzminister und neben Alexander Dobrindt einer der schlimmsten CSU-Populisten im Lande, meinte vor einiger Zeit, man müsse an Griechenland ein Exempel statuieren. Griechenland soll also zum Beispiel für Resteuropa werden.

Was geschieht eigentlich in Griechenland? Werden die in der Tat vorhandenen komplexen Probleme gelöst oder sollen in erster Linie die Schulden des griechischen Staates bei den europäischen Banken und der EZB getilgt werden?

Ganz offensichtlich geht es nicht um die Menschen in Griechenland. Die sind Herrn Söder wurscht.

Ab und zu finden sich auch in unseren Medien kleine Hinweise auf das Schicksal vieler Griechen. € 1.000 bar auf den Tisch legen müssen Schwangere, wollen sie im Krankenhaus entbinden. Medikamente gibt es vielerorts auch nur noch gegen Bargeld, trotz Krankenversicherung. Das gesamte Gesundheitswesen ist zusammengebrochen.

Schadenfroh jubeln Leserbriefschreiber im Münchner Merkur über gestrichenes Weihnachtsgeld und gekürzte Gehälter. Der Verkauf von Inseln ist längst kein Witz mehr. Griechenland soll privatisiert werden. Dumm nur, dass die marode griechische Bahn keiner haben will. Vielleicht sollte man es mal mit der Akropolis versuchen; aber die ist ja auch eine Ruine.

Wenn Griechenland also Beispiel (Exempel) sein soll, dann darf man gespannt sein, wie der Schuldenberg hierzulande getilgt werden soll. Da angemessene Steuern für die wirklich großen Einkommen nicht in Frage kommen, wäre doch der Verkauf von Sylt und anderen Inseln eine Alternative. Bestimmt findet sich ein russischer Oligarch dafür. Oder wie wär’s mit Neuschwanstein. Der Disney-Konzern könnte Interesse haben.

Vielleicht sollte man auch das Rentenniveau an Griechenland anpassen (selbstverständlich nach den Wahlen). Was in Griechenland geht, muss doch auch im Musterland Deutschland möglich sein. Altersarmut? Das ist doch nur eine Verteilungsfrage. Die Renten werden gekappt und umverteilt. Gegen Umverteilung kann noch nicht einmal die Linke sein. Das machen wir dann auch bei den Beamten unterhalb des Regierungsrates. Und damit hat sich auch die unschöne Neiddiskussion erledigt. Jeder bekommt gleich wenig.

Hans Hahn

Hans Hahn

Dann wäre da noch das Gesundheitswesen, welches einer mutigen Reform bedarf. Wir verkaufen die gesetzlichen Krankenversicherungen an die privaten Versicherungskonzerne. Da kann sich dann jeder versichern, wie er will. Na ja, nicht jeder. Aber es kann ja auch nicht jeder Mercedes fahren, oder? Ein nützlicher Nebeneffekt wären die Auswirkungen auf die Demografie.

Ein Problem bei der Durchsetzung von Reformen sind allerdings immer wieder die Wahlen. Aber auch dazu fällt uns was ein, wie Italien gezeigt hat. Es muss nicht immer gewählt werden. Man kann letztlich einfach nicht durchregieren, wenn das ahnungslose Volk dauernd mitreden will. Deshalb wäre es eine gute Lösung, wichtige Fragen von ausgesuchten Leuten in Brüssel entscheiden zu lassen. Dort ist ja auch der Sachverstand von tausenden Beratern vorhanden.

Liebe Freunde in der Finanzindustrie, lasst uns nur machen, wir schaffen das. Wir haben das noch immer geschafft, oder?

Hans Hahn
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