Zum Thema »Wohnraum für Migranten«

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Günther Schachner

Leserbrief zum Artikel in den Schongauer Nachrichten »Gefahr für den sozialen Frieden in der Stadt«, Mittwoch, 19.08.2015 / Nr. 187

(Der Leserbrief wurde in den Schongauer Nachrichten stark gekürzt – hier nun die komplette Fassung)

Sozialer Wohnraum wird seit Jahrzehnten knapp. Durch die Migranten verschärft sich diese Situation. Diese tragen dafür aber nicht die Verantwortung. Der soziale Wohnungsbau muss dringendst stark reaktiviert werden. Das Problem: Dies benötigt Zeit. Der Bedarf ist aber akut.

Seit Monaten appelliert die Landrätin, Wohnraum zur Anmietung zur Verfügung zu stellen. Mit mäßigem Erfolg. Jetzt sollen deshalb Turnhallen zur Minderung der aktuellen Wohnungsnot mit Migranten belegt werden. Ist dies menschenwürdig, christlich, sozial?

Andererseits stehen Wohnungen leer – nicht nur in München, auch in unserer Region. Als Bewohner des Mittelzentrums Schongau-Peiting-Altenstadt fällt einem besonders der große Leerstand von Wohnungen in der Peitinger Straße in Schongau auf, die »Papierfabrik-Wohnungen«. Zahlreiche blinde Fensterscheiben, teilweise verschlossen mit Fensterläden seit vielen Monaten.

Die Frage ist, warum stellt sich UPM nicht ihrer sozialen Verantwortung und stellt diese leerstehenden Wohnungen dem Landratsamt zur Unterbringung der Migranten zur Verfügung?

Hier die dramatische Situation, dass Menschen notdürftig in Turnhallen untergebracht werden sollen – dort zahlreiche leerstehende Wohnungen in der gleichen Stadt! Mann/Frau fragt sich, was sind die Gründe für diesen Leerstand? Hat Bürgermeister Sluyterman Kontakt mit den Eigentümern dieser Wohnblöcke aufgenommen? Wenn nein, weshalb nicht, wenn ja mit welchem Ergebnis? Wieso erfährt die Öffentlichkeit nichts davon? Was spricht gegen die vernünftige und schnell realisierbare Lösung, diese leerstehenden Wohnungen zu belegen?

Die Papierfabrik ist mittlerweile Eigentum des finnischen Konzerns UPM. Skandinavische Gesellschaftsmodelle waren in der Vergangenheit dafür bekannt, dass die ärgsten Auswüchse der kapitalistischen Profitgier eingedämmt wurden.

Die Einkommensungleichheit wurde politisch durch Steuergesetze reguliert. Unser Grundgesetz fordert in Artikel 14 Abs. 2: Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

Und die Verfassung des Freistaates Bayern in Artikel 158: Eigentum verpflichtet gegenüber der Gesamtheit. Missbrauch des Eigentums oder Besitzrechts genießt keinen Rechtsschutz.

Von unseren gewählten Politikern erwarten wir, dass sie diesen Verfassungsauftrag ernst nehmen. Statt andere Bürgermeister und deren Kommunen öffentlich aufzufordern, Hallen zu belegen, sollte Herr Bürgermeister Sluyterman bei UPM auf die Sozialpflichtigkeit des Eigentums dringen. Oder geht es wieder mal um Spekulation?

Solange die Öffentlichkeit die Gründe für den Leerstand nicht kennt, entstehen Fragen.

Insgesamt wird die aktuelle Situation mit den Migranten und der Wohnungsnot sehr dramatisch dargestellt. Erinnern wir uns, wie wir vor zirka 70 Jahren nach der Befreiung vom Faschismus Millionen von Flüchtlingen in der BRD und auch in Bayern aufgenommen und integriert haben. Wir sind eine der stärksten Wirtschaftsregionen dieser Welt. Sicher – wir haben gewaltige öffentliche Verschuldung, aber: Wir haben auch gigantischen privaten Reichtum. Auch hier kann die Politik handeln durch eine soziale, gerechte Steuerpolitik mit selbstverständlichen hohen Freibeträgen. Also, wir haben bereits bewiesen, dass es geht!

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