Zukunftsvision – zur Buchreihe »Ökosoziale Zeitansagen«

Foto: Hans SchützBuchbesprechung von Hans Schütz

Am 14. September hielt Dr. Josef Heringer aus Laufen anlässlich der Eröffnung der 6. Kunstausstellung auf dem Arche-Noah-Hof in Peiting-Kreut einen begeisternden Vortrag zum Thema »Brauchen wir einen Nationalpark Ammergebirge oder brauchen wir nicht viel mehr?«

In diesem Zusammenhang möchte ich auf einen Beitrag von Dr. Heringer in dem Buch »Humus der Gesellschaft – Denkanstöße zur nachhaltigen Entwicklung von Land- und Forstwirtschaft« mit dem Titel »Die Welt als Garten – eine Zukunftsvision« hinweisen, der in der Schriftenreihe Ökosoziale Zeitansagen des Ökosozialen Forums Niederaltaich (ÖSFN) 2012 erschienen ist.

Das Ökosoziale Forum Niederaltaich (ÖSFN) wurde 1994 an der Landvolkshochschule Niederaltaich gegründet als »Denkwerkstatt« von Persönlichkeiten aus den Bereichen Agrarpolitik, Agrarwissenschaft, Agrarverwaltung, Unternehmensberatung, Theologie, Philosophie, Erwachsenenbildung und landwirtschaftliche Praxis in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Dieses »Netzwerk der Hoffnung« ohne feste Strukturen will mit seinen Büchern, Stellungnahmen und Symposien Denkanstöße liefern, insbesondere zur Sicherung einer vielfältigen bäuerlichen Landwirtschaft als bedeutendes Kulturgut Europas sowie zur Entwicklung intakter ländlicher Räume.

Im Rahmen einer Sommertagung 2012 in Laufen/Salzach entstand die Idee zu dem oben genannten Buch, das Texte von insgesamt 12 Autoren umfasst und der Start für eine Buchreihe mit dem Titel »Ökosoziale Zeitansagen« sein soll. Ich meine: Lesenswert!!!

Im Folgenden drucken wir einen Text von Josef Heringer ab, der sich in Kurzform mit seinem Thema im oben vorgestellten Buch befasst.

 

Die Welt als Garten – eine Vision

Von Dr. Josef Heringer

„Ein Menschheitstraum ist es, die Welt in einen blühenden Garten zu verwandeln. Wer Träume verwirklichen will, muss wacher sein und tiefer träumen als andere.“ Karl Förster

Wer träumt nicht alles von einer besseren Welt. Die einen sprengen sich und andere dafür in die Luft, die anderen suchen sie im Einkaufsparadies, Urlaubs-Paradies, Teppich-Paradies …

Der pervertierten Paradies-Entwürfe gibt es viele, und doch steckt in jedem ein wahrer Kern. Er kommt von dem, was »Paradies« im ursprünglichen Sinne meint. Der Begriff stammt vom persischen »pardez« für »Einzäunung – Garten«, wird im Griechischen zum »paradeisos« und über das Lateinische zu unserem Traumort »Paradies«. Im Garten läuft Menschheits-, Kultur- und Religionsgeschichte zusammen und es ist im höchsten Maße zeitgemäß und notwendig, im Garten nicht nur Gemüse, Obst und Blumen anzubauen, sondern auch Weisheit und Lebenslust zu kultivieren. Da geht es dann, um mit Matthias Walch zu sprechen, darum die »Wohltat Garten«, diese notwendende Entgrenzung von direkter Nützlichkeit hin zum Geistig-Seelischen und leiblich Lustvollen des Gartens anzubahnen. Und es geht um den Abbau alter Feindbilder und Dualitäten, wie sie Kraut und Unkraut trefflich ausdrücken, um eine neue Garten-Ordnung, die Gelassenheit würdigt, die vom Sein lassen kommt und neuem Beziehungsreichtum das Wort redet. Gerade die Vielfalt der Herkunft unserer Gartenpflanzen aus allen Teilen und Kulturen der Welt prädestiniert den Garten als ideales Einübungsfeld für ein friedliches, integratives Zusammenwachsen all derer, die Heimat haben oder neue Heimat suchen. Die sich dramatisch entwickelnde Globalisierung braucht dringend ein Gegengewicht – dieses kann die Renaissance des Gartens sein.

Von Blaise Pascal stammt die Weisheit: „In einem Garten ging die Welt verloren, in einem Garten wird sie erlöst!“ Dies ist in vielerlei Hinsicht eine Richtungsweisung für eine gelingende Zukunft. Nicht die Agrarindustrie wird die wachsenden Bedürfnisse der Weltbevölkerung nach Nahrung und Lebensqualität sichern, sondern nur die Verwandlung der Welt in einen Garten. Tiefer träumen und wacher sein, und dies mit und in dem Garten, lässt uns die Zukunft stemmen. Die Vorlage hierzu findet sich bei Martin Buber, wenn er sagt: „Der archimedische Punkt, von dem aus ich an meinem Orte (Garten!) die Welt bewegen kann, ist die Wandlung meiner selbst.“ Und Albert Einstein argumentiert aus quantenphysikalischer Erkenntnis heraus in ähnlicher Richtung: „Wir können der Tatsache nicht ausweichen, dass jede Handlung, die wir tun, ihre Auswirkung auf das Ganze hat.“

Beginnen wir mit dem Nächstgelegenen – mit unserem Garten, sei er auch nur auf dem Fensterbrett, auf dem Balkon oder im »Handtuch-Format« vor der Tür. Hier kann sich Nahrungssouveränität mit Augenweide, Sinn, Spiel, Kopf, Herz und Hand zu einem Klein-Kosmos verschränken, der für eine bessere Weltordnung Impuls und Vorlage sein kann.

Wir sind nicht auf Erden, um ein Museum zu hüten, sondern um einen Garten zu pflegen, der für eine schönere Zukunft bestimmt ist.“ Johannes XXIII

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