Altersgrenze für Kinder bei der Nutzung von Social Media

Ein Anblick, an den ich mich inzwischen schon (fast) gewöhnt habe: Kinder sitzen auf den Spielgeräten am Spielplatz, doch das einzige, mit dem sie spielen, ist ihr Smartphone. Jugendliche sitzen im Cafè und das einzige, über das sie miteinander reden, sind irgendwelche Filmchen, die sie sich gegenseitig auf dem Smartphone zeigen. Da überlege ich mir oft, was würden die überhaupt ohne dieses Gerät machen? Könnten sie sich überhaupt noch über irgendetwas unterhalten oder sich mit etwas beschäftigen?

Diverse Studien sprechen von Risiken für Körper und Geist durch die übermäßige Nutzung des Smartphones, insbesondere der sozialen Medien. Neben zu wenig Bewegung, wird hier erhöhte Anfälligkeit für Depressionen, Angststörungen, Essstörungen und Schlafstörungen angeführt, ausgelöst u. a. durch Beiträge die Gewaltbilder, Pornografie, Selbstverletzungen usw. zeigen.

Von verschiedenen Seiten wird deshalb eine Einschränkung der Nutzung z. B. durch Verbot von Smartphones in den unteren Schulklassen und vor allem durch eine Altersbeschränkung bei der Nutzung von Social Media gefordert.

Manche Verbände und Organisationen sowie einige Politiker sind wiederum gegen ein Verbot, darunter der Kinderschutzbund, der Sozialverband Deutschland und der Deutsche Lehrerverband. Sie plädieren für eine Erziehung zum klugen Umgang mit dem Internet und sehen dabei auch die Eltern in der Pflicht.

Ein weiterer Kritikpunkt an einer Altersbegrenzung ist eine möglicherweise verstärkte Überwachung der Bürger, insbesondere im Zusammenhang mit Altersverifikationssystemen.

Renate Müller, Schongau


Hier einige Beiträge zum Thema:

Altersgrenzen für Social Media und Einschränkung suchterzeugender Funktionen: Leopoldina-Diskussionspapier empfiehlt besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen

Die Nutzung sozialer Medien ist für einen Großteil der Kinder und Jugendlichen in Deutschland längst alltäglich. Viele von ihnen zeigen dabei ein riskantes, manche sogar ein suchtartiges Nutzungsverhalten. Zwar kann die Nutzung sozialer Medien durchaus positive Effekte für Heranwachsende haben – bei intensiver Nutzung können jedoch negative Auswirkungen auf das psychische, emotionale und soziale Wohlbefinden auftreten, wie Depressions- und Angstsymptome, Aufmerksamkeits- oder Schlafprobleme. In einem heute veröffentlichten Diskussionspapier der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina schlagen die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler deshalb die Anwendung des Vorsorgeprinzips vor. In dem Papier „Soziale Medien und die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen“ geben sie Handlungsempfehlungen, um Kinder und Jugendliche vor negativen Folgen sozialer Medien zu schützen, beispielsweise durch altersabhängige Zugangs- und Funktionsbeschränkungen.

Das Diskussionspapier gibt einen Einblick in die aktuelle Studienlage zum Einfluss sozialer Medien auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Der Großteil der verfügbaren Evidenz ist korrelativer und nicht kausaler Natur: Querschnittstudien belegen einen statistischen Zusammenhang zwischen der Nutzung sozialer Medien und einer zunehmenden psychischen Belastung. Einige Längsschnittstudien über längere Zeiträume hinweg liefern zudem Hinweise darauf, dass die intensive Nutzung sozialer Medien ursächlich für diese Belastungen sein kann. Die Autorinnen und Autoren sprechen sich deshalb für die Anwendung des Vorsorgeprinzips aus: Es besagt, dass vorbeugende Maßnahmen ergriffen werden sollten, wenn es Hinweise auf mögliche schädliche Auswirkungen gibt, auch wenn wissenschaftlich noch nicht vollständig geklärt ist, wie groß das Risiko tatsächlich ist.  

Laut den Autorinnen und Autoren besteht politischer Handlungsbedarf zum Schutz von Kindern und Jugendlichen, da die möglichen Gefährdungen durch eine intensive Social-Media-Nutzung erheblich sind. Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler formulieren im Diskussionspapier konkrete Handlungsempfehlungen, um Kinder und Jugendliche vor den Gefahren sozialer Medien zu schützen und sie gleichzeitig zu einem reflektierten und kompetenten Umgang mit ihnen zu befähigen. Sie sprechen sich dafür aus, dass Kinder unter 13 Jahren keine Social-Media-Accounts einrichten dürfen. Für 13- bis 15-jährige Jugendliche sollten soziale Medien nur nach gesetzlich vorgeschriebener elterlicher Zustimmung nutzbar sein. Für 13- bis 17-Jährige sollen soziale Netzwerke zudem altersgerecht gestaltet werden – beispielsweise bei den algorithmischen Vorschlägen, durch ein Verbot von personalisierter Werbung oder durch die Unterbindung besonders suchterzeugender Funktionen wie Push-Nachrichten und endloses Scrollen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler empfehlen außerdem, die Nutzung von Smartphones in Kitas und Schulen bis einschließlich Klasse 10 nicht zuzulassen.

Das Diskussionspapier erläutert auch die mögliche Umsetzung der Altersgrenzen und altersgerechten Einschränkungen auf Social Media. Hier sehen die Autorinnen und Autoren vor allem auf EU-Ebene Möglichkeiten der Regulierung. Die deutsche Bundesregierung sollte sich dort für entsprechende gesetzliche Regelungen einsetzen. Ein vielversprechender Ansatz ist bereits die geplante Einführung der „EUDI-Wallet“, die einen datenschutzkonformen digitalen Altersnachweis ermöglichen soll. Um einen reflektierten Umgang mit sozialen Medien zu fördern, schlagen die Autorinnen und Autoren vor, einen digitalen Bildungskanon in Kitas und Schulen zu verankern, der Kinder und Jugendliche auf Themen des digitalen Lebens vorbereitet. Die Kompetenzen von Lehr- und Erziehungsfachkräften sollten gestärkt werden, um riskantes bzw. suchtartiges Nutzungsverhalten frühzeitig erkennen und adressieren zu können. Niedrigschwellige Public-Health-Kampagnen sollten Familien zudem über die Einflüsse sozialer Medien auf die psychische Gesundheit sowie über die Möglichkeiten einer positiven Gestaltung der Social-Media-Nutzung informieren. Zudem bedarf es weiterer Forschung, um die Wirkmechanismen der Nutzung sozialer Medien in dieser Altersgruppe besser zu verstehen und die Effektivität der Schutzmaßnahmen zu evaluieren. 

Das Diskussionspapier »Soziale Medien und die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen« ist auf der Website der Leopoldina veröffentlicht.

Pressemitteilung der Leopoldina vom 13. August 2025


Auf der Plattform »openpetition« haben bereits über 100 000 Bürger die Petition »Kein Zugang zu sozialen Medien für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren« unterschrieben. Dort kann man auch verschiedene Pro- und Contra-Kommentare dazu einsehen.


Verschiedene Meinungen zum Thema sind auch auf der Seite Deutsches Schulportal der Robert Bosch Stiftung zu finden.


Das EU-Konzept zur Alterskontrolle im Netz wird hier bei Netzpolitik.org kritisch hinterfragt.

1 Kommentar

    • Roland Brendel, 82362 Weilheim auf 3. September 2025 bei 20:44
    • Antworten

    Der Mensch wirkt mit Geist/Seele materiell körperbildend. Er ist da in der Welt, um handgreiflich die Materie zu begreifen. Nur was die Vorbilder der Kinder tun, ist für sie Antrieb, es auch zu tun. Was machen viele der Vorbilder? Deswegen werden es immer weniger Handwerker-Lehrlinge. Siehe im OHA unter: „Pisa.“

Schreibe einen Kommentar

Bitte bleiben Sie sachlich. Beiträge mit beleidigenden oder herabwürdigenden Inhalten oder Aufrufen zu Straftaten werden ebenso gelöscht wie solche, die keinen Bezug zum Thema haben. Ein Anspruch auf Veröffentlichung besteht nicht!

Es wird Ihr Vorname, Nachname und Wohnort veröffentlicht. Straße, E-Mail-Adresse und Website bleiben unveröffentlicht.