Den Gläubigern glauben wir nicht

Hans Hahn

Hans Hahn

Die Griechen wollen die Rechtmäßigkeit ihrer Schulden prüfen

Im Herbst 2010 wurde in Griechenland die »Initiative für ein Schuldenaudit« gegründet. Zu den Gründern gehört auch der Wirtschaftswissenschaftler Giannis Tolios.* »Audit«, das ist laut Duden die Prüfung betrieblicher Qualitätsmerkmale. In einem Schuldenaudit soll die Rechtmäßigkeit der Schulden geprüft werden.

In einem Interview mit dem Neuen Deutschland erklärt Tolios, „Milliarden wurden für Waffensysteme ausgegeben, die uns die produzierenden Länder aufgedrückt haben.“ Und tatsächlich unterhält das 11-Millionen-Volk der Griechen eine Armee mit 156.000 Mann, hat die höchsten Militärausgaben in der EU und der NATO. Bei den Rüstungsimporten belegt Griechenland weltweit den 5. Platz. 31 Prozent (330 Millionen €uro jährlich!) davon kommen aus Deutschland.

Zu Recht verweist Tolios* auch auf die zahlreichen Korruptionsfälle wo beispielsweise der Siemenskonzern mit griechischen Regierungsvertretern gemeinsame Sache gemacht hat.

Ein Schuldenaudit in Ekuador hat 2008 aufgezeigt, dass zwei Drittel der Schulden auf unrechtmäßige Weise zustande gekommen sind. Das könnte wohl auch für Griechenland zutreffen.

Eine Weigerung der Griechen, unrechtmäßige Schulden zu bezahlen, hätte aber zunächst dieselbe Wirkung wie ein sog. »Haircut«, also ein Schuldenerlass.

Wer sind eigentlich die Gläubiger? Offensichtlich haben sich DB-Ackermann und Konsorten längst aus dem Staub gemacht. Wie war das möglich? Warum haben staatliche Banken und die EZB den Griechenschrott gekauft? Schon der Kauf griechischer Staatsanleihen erfolgte mit dem Wissen, dass Griechenland Zinsen und Tilgung niemals bezahlen kann. Von Anfang an wurde darauf spekuliert, dass die europäischen Steuerzahler eintreten müssen, um ihre Gemeinschaftswährung zu schützen. Unter dem Vorwand, die sog. »systemrelevanten« Banken retten zu müssen, werden Milliarden Euro in die Taschen der Spekulanten umverteilt. Für das Casino der internationalen Finanzmärkte haften letztendlich die Arbeitnehmerinnen und der kleine Handwerksmeister.

Es wird Zeit, das Casino zu schließen! Offensichtlich ist jedoch eine Regulierung der Finanzmärkte international nicht durchsetzbar. Aber man muss ja nicht mitspielen, oder? Anstatt sich Geld auf dem Casino-Finanzmarkt zu leihen, könnte die EU, d. h. die EZB das Geld auch zu fairen Zinsen selber verleihen. So könnte man die Finanzmärkte austrocknen. Das nach Rendite suchende Kapital muss in die Realwirtschaft umgeleitet werden und Arbeitsplätze schaffen. Die Menschen in Griechenland, Portugal, Irland und Spanien brauchen Arbeit zu anständigen Löhnen. Dann können auch Schulden bezahlt werden.

Quellen: Neues Deutschland 14. und 17.6.2011

* Giannis Tolios ist Führungsmitglied der griechischen Linkspartei Synaspismos

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