Geforderter Radweg entlang der Birkenallee am Ammersee zwischen Fischen und Dießen sorgt für Zündstoff

Foto: Werner Grünbauer, 1. Bürgermeister von Pähl

Werner Grünbauer
1. Bürgermeister, Pähl

„Interessenvertreter für den Radweg sind nicht gegen Naturschutz“

Werner Grünbauer, erster Bürgermeister der Gemeinde Pähl meldet sich zu Wort

In Zusammenhang mit den Darstellungen der Vertreter der Naturschutzverbände Schutzgemeinschaft Ammersee Süd (SG), Herr Grießmeyer, Bund Naturschutz (BN), Herr Herrmann, bedarf es einer Korrektur der Darstellungen.

Vorab möchte ich auch verdeutlichen und feststellen, dass keiner der Interessenvertreter für einen Radweg gegen Naturschutz ist und sich der Verantwortung der Natur gegenüber sehr wohl bewusst ist. Deshalb wurden hierzu auch bereits im Frühjahr Versuche unternommen, im Rahmen einer gemeinsamen Gesprächsrunde mit allen Beteiligten nach einer Lösung zu suchen. Der Naturschutz ist ein wichtiger Teil unserer Lebensqualität und dementsprechend ist auch die Einstellung der Vertreter der Kommunen und der überwältigenden Mehrzahl der Bürger. Zudem wirbt der Bund Naturschutz Bayern sogar für sichere Rad- und Wanderwege. Umso weniger verständlich und nachvollziehbar ist es deshalb, dass sich insbesondere Herr Grießmeyer und Herr Herrmann (BN) weiteren Gesprächen unnachgiebig verweigern und stattdessen von einer Diskreditierung des Naturschutzes sprechen, anstatt an einer konstruktiven und sachgerechten Lösung zur Zufriedenheit aller interessiert zu sein. Es ist sehr bedauerlich, dass sowohl die Schutzgemeinschaft als auch der Bund Naturschutz diese einmalige Chance vergeben, eine sehr gute und gemeinsame Lösung zur Zufriedenheit aller umzusetzen und zugleich dauerhaft die Schutzwürdigkeit darzustellen, die Sensibilität zugunsten der Natur zu fördern sowie die Arbeit des Naturschutzes in ein positives Licht zu rücken. Letztlich auf diese Haltung ist die von den Schutzverbänden immer wieder reklamierte fehlende Akzeptanz des naturschutzfachlichen Engagements in weiten Teilen der Bevölkerung zurückzuführen. Es ist nicht mehr zeitgemäß, die Bürger als »Feinde« der Natur zu sehen und diese auszuschließen statt miteinzubeziehen. Leider schadet diese unnachgiebige Haltung auch der Natur direkt. Denn bei genauerer Betrachtung der Gebietskarten ist mit der Trassenführung Raistinger Schleife wesentlich mehr Gebiet von Störungen betroffen, als dies entlang der Birkenallee und einer Trasse entlang der Kreisstraße LL10 von Raisting nach Dießen der Fall ist. Als positives Beispiel einer konsensfähigen Lösung dient hierzu Kochel mit einer identischen Ausgangslage. Selbst Mitglieder aus den unterschiedlichen Naturschutzverbänden können die Haltung dieser Herren nicht mehr nachvollziehen. Die Bürgermeister des Marktes Dießen, der Gemeinden Pähl und Raisting, der ADFC und die Tourismusverbände sind einer Meinung, dass die geforderte Rad- und Wanderwegtrasse Birkenallee und Raisting-Dießen sofort umgesetzt werden muss. Sowohl unsere Landrätin des Landkreises Weilheim (CSU) als auch der stellvertretende Landrat (Grüne) begrüßen, befürworten und unterstützen einen Radweg an der Birkenallee. Ungenannt bleibt die Vielzahl der Bürger aus Pähl und Umgebung, die diesen teils vehement fordern. Die betroffenen Bürgermeister sind sich einig, dass neben dem Radweg über die Birkenallee auch ein Weg von Dießen nach Raisting dringend notwendig ist und für eine Wegstrecke über die Raistinger  Schleife auch mit einer Besucherlenkung die Akzeptanz fehlen wird.

Zu den rechtlichen Darstellungen

Mit der Meldung von FFH-Gebieten wurden die europarechtlichen Vorgaben zur Ausweisung von Schutzgebieten der Natura 2000 in nationales Recht übergeleitet. Der Verweis auf europäisches Recht ist deshalb nicht nachvollziehbar. Seitdem gelten die nationalen Regeln und Schutzvorschriften des Bundes und der Länder. Entgegen der Sachlage vor 15 Jahren ist mit der Meldung der Schutzgebiete auch der Bau durch Schutzgebiete zulässig, sofern die Eingriffs­erheblichkeit sachlich korrekt ermittelt wurde und eingriffsärmere Alternativen nach Abwägung nicht vorhanden oder nicht zumutbar sind. Notwendig hierzu ist eine Verträglichkeitsprüfung, die von der Planungsbehörde durchzuführen ist.

Zudem hat sich auch die Entscheidungsgrundlage dafür geändert. Wesentlicher Grund für eine Einstellung des Verfahrens im Jahre 2008 waren die fehlenden präzisen Feststellungen zu schützenswerten Bestandteilen aus Flora und Fauna. Unter der Annahme von möglichen Beeinträchtigungen, insbesondere für Brachvogel und Wachtelkönig, wurde das Verfahren eingestellt, da eine wesentliche Beeinträchtigung nicht auszuschließen war. Mittlerweile liegen durch das Monitoring (2006, 2009, 2012) Bestandsdaten vor, die durch die Schutzverbände selbst genauestens kartiert und exakt erfasst sind. Demnach ist im gesamten Zeitraum von 2006 bis 2012 kein Brutgelege südlich der Birkenallee festgestellt worden. Lediglich zwei bis drei Brutnester weitab der Straße im nördlichen Teil bzw. Dießener Filz wurden entdeckt. An der Raistinger Schleife dagegen wurden Brachvogelvorkommen gesichtet (Wiesenbrüterbericht 2012 SG-Ammersee). Die vermutete und befürchtete Beeinträchtigung liegt auch nach Einschätzung von Fachleuten an der Birkenallee nicht vor. Dies gilt auch für alle anderen gefährdeten Arten, zu denen keine Brutvorkommen festgestellt werden konnten.

Nicht korrekt ist auch die Darstellung der Eingriffserheblichkeit. Herr Grießmeyer spricht von einem Eingriff von zirka 10.000 qm in wertvollstes Gebiet. Tatsächlich betroffen ist eine Flächengröße von zirka 2.000 qm. Ein Vergleich zwischen der Raistinger Schleife und der Birkenallee zeigt, dass das Störungspotenzial über die Raistinger Schleife deutlich größer ist als bei der Variante über die Birkenallee. Betrachtet man beispielsweise die Beeinträchtigung des FFH-Gebietes, so ist über die Raistinger Schleife ein Störpotenzial mit einer Länge von mehr als 7,2 km gegenüber 3,7 km an der Birkenallee vorhanden. Noch deutlicher stellt sich die Situation im Vogelschutzgebiet dar. Mit 9,3 km gegenüber 4,3 km ist sie mehr als doppelt so hoch. Selbst unter Berücksichtigung einer Trasse entlang der LL10 mit 1000 m Länge durch FFH-Vogelschutzgebiet bedeutet dies ein deutlich geringeres Störpotenzial als die Raistinger Schleife. Während früher regelmäßig Brutvorkommen des Brachvogels und anderer gefährdeter Arten auf dem Gebiet der Raistinger Schleife festgestellt werden konnten, sind an der Birkenallee bereits seit 2006 keine Brutvorkommen mehr dokumentiert. Hier von einer deutlich geeigneteren Trasse über Raisting zu sprechen, ist sachlich nicht nachvollziehbar und unkorrekt.

Komponente Fußgänger: Fehlanzeige

In allen Darstellungen fehlt der Bezug auf die Fußgänger, die den Weg um den Ammersee wählen. Sie nutzen die Raistinger Schleife überhaupt nicht. Einen Umweg von 3 Kilometern (60 Minuten) akzeptieren Wanderer nicht. Stattdessen wird der gefahrenreiche Weg über die Birkenallee gewählt. Entgegen der Darstellungen von Herrn Grießmeyer wird die Raistinger Schleife auch von Radfahrern nicht in dem von ihm dargestellten Maß akzeptiert und lediglich mangels einer vernünftigen Alternative nur notgedrungen angenommen. Es ist häufig zu beobachten, dass die Birkenallee von Radfahrern trotz der Gefahrenlage aufgrund der direkteren Wegeverbindung anstatt der Raistinger Schleife genutzt wird. Ebenso unerwähnt bleibt in den Berichten die lebensgefährliche Routenführung über die Kreisstraße von Raisting nach Dießen, die Radfahrer und Fußgänger aufgrund der fehlenden Verbindung notgedrungen benutzen. Grundsätzlich ist festzustellen, dass die Raistinger Schleife für einen Freizeitradler aufgrund der naturnäheren Wegeführung noch akzeptabel und auch interessant sein mag. Für die zahlreichen Nutzer (Arbeit, Schule, Einkauf in Dießen) ist sie nicht akzeptabel. Ebenso unberücksichtigt bleibt die Sicherheit von Frauen und Kindern. Viele haben hier bereits erhebliche Bedenken für ihre eigene Sicherheit oder die von Kindern durch die Abgeschiedenheit der Raistinger Schleife angemeldet.

Ebenso wenig nachvollziehbar ist die von den Herren vorgeschlagene Alternativtrasse über die Ertlmühle (Raisting). Diese Trasse scheitert aufgrund des noch weiteren und umständlichen Umweges und der seit vielen Jahren fehlenden Zustimmung des Eigentümers. Sie ist – auf meine Nachfrage hin – auch nicht zu erwarten.

Zur Finanzierung

Den Bau des Radweges Birkenallee finanziert der Freistaat Bayern zu 100 %. Im Wegeplan hat das Projekt oberste Priorität und könnte sehr zeitnah umgesetzt werden. Der Bau des Weges Ertl­mühle wäre gemeindlich zu finanzieren und ist nicht umsetzbar.

Der Bau entlang der Kreisstraße LL10 ist Angelegenheit des Landkreises. Eine Finanzierungszusage ist mir nicht bekannt und nicht gesichert. Ebenso wenig gesichert ist die Finanzierung des Weges über die Raistinger Schleife.
Das Straßenbauamt Weilheim sieht die Birkenallee und den Weg entlang der Kreisstraße LL10 nach Raisting als einzig sinnvolle Alternative. Dafür wurde bereits dringender Handlungsbedarf beim Innenministerium angemahnt. Die Umsetzung hängt an der Regierung von Oberbayern, die für die Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens zuständig ist.

Fazit: Die Trassenführung über die Birkenallee und die Verbindung zwischen Dießen und Raisting sind aus den dargelegten Gründen alternativlos, finanzierbar und sofort umsetzbar. Eine Trassenführung über die Raistinger Schleife ist keine Alternative. Die Haltung des BN und der SG-Ammersee widerspricht auch den Zielsetzungen der übergeordneten Landesgruppe des BN in Bayern und schadet dem Image des BN und der Schutzgemeinschaft Ammersee Süd massiv. Letztlich werden die Aktivitäten der Naturschutzgruppen zu großen Teilen vom Steuerzahler finanziert. Deshalb haben auch diese die Bürgerbelange entsprechend ernst zu nehmen und als Arbeitsauftrag zu verstehen.

Werner Grünbauer
1. Bürgermeister, Pähl
(Anm. d. Red.: Artikel ist leicht gekürzt)
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1 Kommentar

    • Kosmann auf 8. Oktober 2014 bei 15:33
    • Antworten

    Servus OHA,
    die Ausführungen und Argumente von Herrn Grünbauer sind interessant, sie bedürfen aber einiger Kommentare.
    1. Der Vergleich der Streckenlänge »Birkenallee – Raistinger Schleife« zeigt, dass die Schleife lediglich um 2,1 km länger ist. Dies habe ich mit Daten der Bayerischen Vermessungsverwaltung ermittelt.
    2. Ich fahre täglich auf der Birkenallee und der Raistinger Schleife zur Arbeit und beobachte wie viele Fahrradfahrer oder Wanderer unterwegs sind. Wanderer sind fast nie auf der Birkenallee zu sehen, in diesem Sommer habe ich vielleicht eine Handvoll gesehen. Fahrradfahrer sind im Vergleich zur Raistinger Schleife wenige unterwegs. Auf 10 Radler, die auf der Schleife unterwegs sind, kommt ein Radler, der die Birkenallee nutzt.
    3. Die Zahl der Radler, die zum Einkaufen, zur Schule oder zur Arbeit von Fischen nach Dießen fahren, sollte mal genauer ermittelt werden. Wie viele Schüler gehen aus Fischen nach Dießen zur Schule?
    4. das Argument »alternativlos« sollte man nicht erwähnen, es gibt immer 2 Seiten einer Medaille, also auch immer Alternativen. Dies gilt auch für den Radweg.

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