Menschens-Kinder, lasst uns bitte alle vom Gas gehen!

Stephanie Bartl

Wer hält sich schon an die Tempo-Limits? Wen ärgert es nicht, wenn er hinter einem Lastwagen, einem Bulldog, einem »Sonntagsfahrer« schier eine halbe Ewigkeit hängen bleibt und die Chance zum Überholen jedes Mal viel zu spät kommt? Natürlich. Wir alle sind in Eile. (Sie etwa nicht? – Herzlichen Glückwunsch!)

Für viele von uns gibt es immer einen Grund, aufs Gas zu gehen: Die Arbeit ruft, schnell noch einkaufen gehen (korrigiere: fahren. Fürs Gehen reicht die Zeit ja nicht), der Arzt-Termin, die Kinder warten schon im Kindergarten oder vor der Schule. Wir sind darauf getrimmt, schnell zu sein. Wir werden nervös und drängeln, wenn es nicht schnell genug vorwärts geht. Gönnen wir uns einen Moment Stillstand und fragen uns freundlich und ohne vorwurfsvollen Unterton: Geht es nicht auch anders?

In unserem schönen Dorf im Pfaffenwinkel bitten selbstgemalte und gekaufte Schilder an fast jeder Ecke darum, vom Gas zu gehen. Schilder, die darauf hinweisen, dass hier Kinder unterwegs sind – unterwegs sein könnten. Jederzeit – egal ob es regnet, stürmt oder schneit.

Schilder, die auch für die Angst der Eltern stehen. Denn, was, wenn es dein Kind ist, das übersehen wird, nur weil es jemand mal wieder eilig hat – oder auch nicht. Vielleicht hat der Fahrer auch kurz aufs Handy gesehen, um eine Nachricht zu lesen, die selbstverständlich – wie soll es auch anders sein – dringend war. Oder nicht?

Was sollen wir noch an den Straßenrand stellen? Bunte Schilder mit Aufschriften »Bitte fahren Sie langsam!« oder neonfarbene 3-D-Aufsteller mit der Aufschrift »Achtung, spielende Kinder!«. Wir stellen kleine Laufräder, Bobby-Cars und bunte Schubkarren ein kleines bisschen auf die 30er-Zonen-Straße. Auch aus Angst. Ein Traktor kam neulich bei uns vorbei – riesig groß, wie sie heute nun mal sind. All die Neonfarben und ein kleiner Kinder-Bulldog brachten den Fahrer nicht dazu, vom Gaspedal zu gehen, die Augen auf das Display seines Mobiltelefons gerichtet. Hätte dieser Mann – auf dem Weg zum Feld – meinen Sohn gesehen, meine Tochter?

Eine Frau, die gebeten wurde, im belebten Dorfkern etwas langsamer zu fahren, antwortete, dass dies schließlich keine Spiel-Straße sei. Offiziell hat sie Recht. Aber ist das wichtig? In dieser kurzen Straße wohnen 15 Kinder und zum Glück spielen sie alle immer noch am liebsten draußen. Also bitte, Menschens-Kinder: Lasst uns alle bitte etwas vom Gas gehen und genau hinsehen. Auf die Straße, nicht aufs Handy!

Stephanie Bartl

 

 

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