Neue Infos zu den umstrittenen Straßenausbaubeiträgen

»Kommunale Straßensanierung: Steuerfinanzierung muss Beitragsfinanzierung ablösen«

Straßen werden von der Allgemeinheit und nur zu einem geringen Teil von den anliegenden Hausbesitzern genutzt und abgenutzt. Örtliche Verkehrswege werden in der Fachsprache als „öffentliche Güter“ bezeichnet, die eine individuelle Nutzen- oder Vorteilszurechnung nicht möglich machen und die deshalb aus dem Steueraufkommen zu finanzieren sind. Nachdem das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde gegen die grundrechtswidrige Erhebung von Straßenbaubeiträgen in nicht nachvollziehbarer Weise verweigert hat, müssen die Hauseigentümer bundesweit aufstehen, um die sachlich notwendige Finanzierung der Straßensanierung aus dem Steueraufkommen gesetzlich regeln zu lassen.

In unserer OHA-Mai-Ausgabe dieses Jahres hat der Finanzwissenschaftler Dr. Ernst Niemeier aus Wentorf bei Hamburg über diesen untragbaren Zustand berichtet. Durch eine von ihm gestartete Petition ist offenbar ein entscheidender Schritt nach vorne erfolgt. In einem Schreiben an OHA berichtet er über die neue Entwicklung:

 

Dr. Ernst Niemeier

Dr. Ernst Niemeier

Sehr geehrte Unterstützer/innen,

die Petition ist in ganz Deutschland durch Unterschriften unterstützt worden und hat die gewünschte Zahl deutlich überschritten. Deshalb habe ich die Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen und die Ministerpräsidenten von Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein um einen Termin für die persönliche Übergabe der Petition gebeten. In einem persönlichen Gespräch kann die dringende Notwendigkeit überzeugender deutlich gemacht werden, dass die grob ungerechte Beitragserhebung beseitigt werden muss. Den übrigen acht Ministerpräsidentinnen bzw. Ministerpräsidenten habe ich die Petitionsunterlagen per Post zugeschickt, zusammen mit dem in der wirtschaftspolitischen Zeitschrift »Wirtschaftsdienst« veröffentlichten Aufsatz »Kommunale Straßensanierung: Steuerfinanzierung muss Beitragsfinanzierung ablösen«. Darin wird u. a. aufgezeigt, dass der »besondere Vorteil« der Hauseigentümer, der von den Verwaltungsgerichten konstruiert wurde und der – wenn es ihn gäbe – allein die Beitragserhebung rechtfertigen könnte, nicht haltbar ist. Den Aufsatz können Sie unter www.vssd.eu einsehen. Sollte es zu den persönlichen Gesprächen mit den angeschriebenen Ministerpräsidenten nicht kommen, werden auch ihnen die Petitionsunterlagen per Post zugeschickt.

Die bundesweite Unterstützung der Petition, die die Dringlichkeit des Problems deutlich macht, hat auch den Effekt gehabt, dass der »Verband Deutscher Grundstücksnutzer« (VDGN) in Berlin die Gründung des Vereins »STOP von Straßenausbaubeiträgen in Deutschland e. V.« (VSSD) angeregt hat, der sich verstärkt dem Kampf gegen die grundrechtswidrigen Straßenausbaubeiträge und gegen den Missbrauch von Erschließungsbeiträgen in längst erschlossenen Gebieten widmen wird. Nur eine starke Gemeinschaft kann Veränderungen herbeiführen. Der »Verband Deutscher Grundstücksnutzer« (VDGN) hat es in Berlin bewiesen, dass durch die Mobilisierung vieler Betroffener und durch gut vorbereitete Klagen ein derartig unsoziales Gesetz erfolgreich zu Fall zu bringen ist. Diese Erfahrung gilt es zu nutzen und in den betroffenen vierzehn Bundesländern zu verallgemeinern. Aus diesem Grunde bin ich in den Vorstand des neuen Vereins eingetreten.

Falls Sie von Straßenausbaubeiträgen persönlich betroffen sind oder Rat und Unterstützung benötigen oder sich in dieser Problematik weiterhin engagieren wollen, wenden Sie sich bitte an mich oder unter mailto:info@vssd.eu direkt an den Verein. Wir wollen durch vielfältige politische Aktionen das breite öffentliche Interesse wecken und alle Betroffenen durch die Organisation eines breiten Klagewiderstandes aktiv unterstützen. Dieser rechtliche Widerstand ist deshalb besonders wichtig, weil keineswegs sicher ist, dass die Petition allein erfolgreich sein wird. Und wir wollen die Straßenausbaubeiträge unbedingt zu Fall bringen. Der Rechtsweg bietet im Falle der Uneinsichtigkeit der Verwaltungsgerichte auch die Chance, erneut eine Verfassungsbeschwerde zu erheben, der das Bundesverfassungsgericht nicht ein zweites Mal wird ausweichen können.

In der Erwartung, dass wir dieses »dicke Brett« erfolgreich werden durchbohren können, grüßt Sie freundlich

Ihr Dr. Ernst Niemeier
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2 Kommentare

    • Werner Birkelbach auf 19. März 2014 bei 00:28
    • Antworten

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    wir wohnen in 57639 Rodenbach OT Udert in der Kirchstraße. Diese wurde vor knapp 30 Jahren hergestellt und zumindest in den letzten 15 Jahren (solange wohnen wir hier) nicht instandgesetzt. Die Straße ist ca. 4 m breit, hat einige Schlaglöcher, wäre uns Anliegern aber lange noch gut wie sie ist. 2008 beschloss unser Gemeinderat den “Ausbau” für 2012. Doch in diesem Jahr bemerkten die Gemeindewerke, der Kanal müsse
    dringend erneuert werden. Deshalb verschob man den Ausbau in Abstimmung mit den Gemeindewerken
    auf 2014.

    Die Straße ist 210 m lang, mündet in einen vielbefahrenen und geteerten Verbindungsweg zum Nachbarort und wird derzeit durch 2 Laternen beleuchtet. Ein Antrag auf eine 3. Laterne wurde vor Jahren vom Gemeinderat als “unnötig” abgelehnt. Unsere Straße wird auch von mehreren Landwirtschaftlichen (Groß)Betrieben genutzt um mit Ihren Traktoren auf die umliegenden Felder zu kommen. Eine andere Zufahrt zu den Feldern gibt es überhaupt nicht.

    Wir Anlieger sind der Meinung, die Straße müsse von den Gemeindewerken wieder hergestellt werden nachdem diese die Rohre verlegt hat. Unsere Rat sieht das, wen wundert`s, gerade umgekehrt. Der BM ist der Meinung, da die Straße ja “Ausgebaut” würde, wäre es doch sinnvoll, wenn die Werke dabei auch den Kanal
    zu erneuern. Er möchte die Straße nun auf 5 m verbreitern und nun sogar 6 Laternen installieren. Wir bezahlen es ja!

    Beim Ortstermin bestritt unser BM sogar, dass unsere Straße Durchgangsverkehr hat, obwohl während des gut
    1,5 stündigen Termins 12 Fahrzeuge die Straße benutzten und doch ALLE Anwohner um ihn herum standen.
    Er sagt, es wäre eine reine Anliegerstraße (was natürlich einen geringeren Gemeindeanteil bedeuten würde)
    denn als solche wäre sie vorgesehen, auch wenn es nie ein entsprechendes Schild gab. Der Ausbau auf 5 m
    Breite wäre wegen “LKW-Begegnungsverkehr” (in einer Anliegerstraße??) notwendig. Mein Einwand, die zu unserem Ort führende Kreisstraße sei auch nur 4 m breit, wurde als “Kreis-Angelegenheit” bezeichnet.
    Der beim Ortstermin anwesende Leiter der Gemeindewerke deutete dann noch an, die Werke könnten evt. einen “Zuschuss” zum erneuern der Teerdecke zahlen, wenn unser Gemeinderat sie von der Wiederherstellung derselben nach dem Verlegen der Rohre befreie. Konkrete Beträge wurden nicht genannt.

    Nun bin auf Ihre Seite im Internet gestoßen und möchte Sie Fragen, wie Sie die Sache sehen und welche rechtliche Möglichkeiten des Widerspruchs uns Bürgern in Rheinland-Pfalz zur Verfügung stehen.
    Für eine Hilfestellung wäre ich Ihnen sehr dankbar.

    Freundliche Grüße
    Werner Birkelbach

    PS:
    Ich persönlich sehe die Sache so, dass die Gemeinde eigentlich keine Beiträge für den “Ausbau” verlangen dürfte, weil Sie die Straße nicht unterhalten oder repariert hat. 6 Laternen und eine Breite von 125 % der Hauptverkehrsstraße sind für eine Anliegerstraße mit Durchgangsverkehr reine Willkür. Wenn dann auch noch Kanal und Wasserleitung neu verlegt werden müssen, dürfte man uns Bürger allenfalls mit den Kosten für die Teerdecke belasten.

    1. Lieber Herr Birkelbach,
      danke für Ihre Zuschrift! Als langjähriges Stadtratsmitglied in Schongau habe ich immer wieder mit der Finanzierung von Straßen zu tun. Bisher haben wir uns erfolgreich gegen die Einführung einer sog. Straßenausbaubeitragssatzung gewehrt. Das heißt, dass der Straßenausbau durch die Allgemeinheit steuerfinanziert werden muss und nicht von den Anliegern zu bezahlen ist. In der OHA-Märzausgabe haben wir einen Text veröffentlicht, der Ihnen Hilfestellung bieten könnte.
      In Berlin haben es die Bürger geschafft, diese umstrittene Satzung wieder abzuschaffen. In Baden-Württemberg gibt es sie gar nicht. Bei uns in Bayern werden die Gemeinden massiv bedrängt, eine solche Satzung einzuführen.
      Der hier im Text genannte Verein setzt sich für Ihre Ziele ein und bietet auch Rechtsbeistand.
      Mit freundlichen Grüßen
      Siegfried Müller

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