Schongau: Veränderung ist angesagt, aber wie und wohin?

Zur ersten Sitzung in der neuen Amtsperiode am 6. Mai

Neuer Bürgermeister – neuer Stadtrat

Kommentar von Sigi Müller

„Nur Lebendiges schwimmt gegen den Strom“, heißt der Titel eines im Jahr 1985 veröffentlichten Buches des im April verstorbenen Schriftstellers und Kirchenkritikers Karlheinz Deschner. Auch ich habe mich manchmal im Stadtrat und anderswo gegen die allgemein übliche Fließrichtung als Hindernis reingedrängt. „Der ist gegen alles“, hieß es da gleich, nur weil ich ab und zu mal einen Vorschlag machte, der sich außerhalb der üblichen Denkmuster bewegte und somit nicht stromlinienkonform war.

Bürgermeisterwahl – spannend wie noch nie

Bei den Kommunalwahlen im März war eine gewisse Aufbruchstimmung zu erkennen und die Sehnsucht nach Veränderung deutlich spürbar. Es gab auch überraschende Ansätze aller vier Bürgermeisterkandidaten, die auf den fahrenden Zug der Veränderung aufspringen wollten, mit wechselndem Erfolg.

Der CSU-Kandidat Robert Stöhr scheiterte deutlich, obwohl er meinte, das „verstaubte“ Image der Schongauer CSU etwas aufpolieren zu müssen. Und sein Satz „Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom“ deutete auch an, dass es nicht so weitergehen sollte wie bisher und dass uns ein bisschen Veränderung in der Kommunalpolitik nicht schaden könnte. Vielleicht hätte sich der CSU-Kandidat, wie Karlheinz Deschner, nur positiv und deutlicher ausdrücken müssen: „Ich, Robert Stöhr, bin ein Lebendiger, der auch gegen den Strom schwimmen kann“. Die über Jahrzehnte angesammelte dicke Schicht des „CSU-Staubs“ wäre aber dadurch wohl auch nicht verschwunden, glaube ich.

UWV-Kandidat Ralf Schnabel sprach häufig von „Schongau weiterentwickeln und voranbringen“. Mit großem Engagement versuchte er, dem allseits spürbaren Ruf nach Veränderung zu folgen und organisierte drei hoch interessante Vorträge für seine »Personality Show«. Allerdings war für mich nicht nachvollziehbar, was die Anliegen der drei Referenten mit der bisherigen Politik der Schongauer UWV zu tun haben. Beachtlich war auch die massive Plakatwerbung des UWV-Kandidaten. Seine Kopf-Plakate waren zwar überall zu sehen, brachten ihm aber nur die wenigsten Stimmen.

Der SPD-Kandidat Falk Sluyterman wirkte meist gelassen und glänzte mit einer wohl dosierten Darstellung seiner Fähigkeiten. Als Verwaltungsjurist setzte er vorwiegend auf seine „Kompetenz“ und betonte stets die „soziale Verantwortung und Solidarität“. Damit gelang es ihm offenbar, gegenüber den anderen Kandidaten zu punkten. In einer an Spannung kaum noch zu überbietenden Stichwahl eroberte er mit einem Vorsprung von nur 32 Stimmen das Bürgermeisteramt. Zitat Sluyterman: „Ich stehe für eine ehrliche und faire Politik. Auf mein Wort ist Verlass.“

Den geringsten Aufwand bezüglich Plakat-Werbung hatte wohl der Kandidat Tobias Kalbitzer von der neuen Gruppierung »Karl-Heinz Rumgedisse« zu bieten. Durch sein unbeschwertes, sympathisch-lockeres Auftreten im »Rasta-Look« sorgte er bundesweit für Schlagzeilen und erzeugte eine Flut der Berichterstattung in sämtlichen Medien. In der Stichwahl scheiterte er denkbar knapp. Als Stadtratskandidat auf Platz drei der Alternativen Liste schaffte er die Sensation. Er wurde mit 5656 Stimmen, dem besten Ergebnis aller bisherigen Stadträte, in den Stadtrat gewählt. Zitat Kalbitzer: „Ich möchte nicht mehr tatenlos zusehen, wie unsere Stadt stagniert.“

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Die 24 Mitglieder des neuen Stadtrats

Peter Blüml (CSU) – Ilona Böse (SPD) – Bettina Buresch (ALS) – Michael Eberle (CSU) – Kornelia Funke (CSU) – Roland Heger (UWV) – Stephan Hild (UWV) – Paul Huber (CSU) – Peter Huber (SPD) – Helmut Hunger (CSU) – Tobias Kalbitzer (ALS) – Barbara Karg (SPD) – Dr. Oliver Kellermann (CSU) – Stefan Konrad (SPD) – Nina Konstantin (ALS) – Monika Maucher (UWV) – Siegfried Müller (ALS) – Marianne Porsche-Rohrer (CSU) – Armin Schleich (SPD) – Ralf Schnabel (UWV) – Gregor Schuppe (ALS) – Martin Schwarz (SPD) – Robert Stöhr (CSU) – Dr. Friedrich Zeller (SPD)

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1 Kommentar

    • Josef Walter auf 31. Juli 2014 bei 12:03
    • Antworten

    Wenn es erwähnt werden darf, der Kalle “Wirsch” Kalbitzer erhielt m.E. nicht in erster Linie wegen seiner nicht geäußerten Ideen so viele Stimmen. Es handelte sich offensichtlich um eine Protestwahl. Aber es ist ja nicht mehr lange hin, bis die ersten 100 Tage seiner Regierungszeit vorbei sind und dann schauen wir uns mal die großen Veränderungen in Schongau an. Vielleicht wird dies dann auch ein Medien-Hype wie vor der Wahl oder es stellt sich heraus, dass Schwätzerei tatsächlich eine herausragende politische Eigenschaft ist.

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