Straßenausbau auf Kosten der Anlieger

Markus Keller

Markus Keller

Eine Satzung belastet die Grundstückseigentümer

Eine ganze Stunde referierte zu Beginn Frau Cornelia Hesse vom Bayerischen Gemeindetag vor 19 Stadträten und 26 Zuhörern über die Notwendigkeit des Erlasses einer Straßenausbaubeitragssatzung. Der Inhalt des Referats ist kurz zusammengefasst: Eine Gemeinde muss aus juristischer Sicht eine solche Satzung erlassen, wenn Sie finanziell nicht so gut dasteht, dass sie diese Einnahmen nicht benötigt. Exakte Kriterien, wann das der Fall ist, gibt es nicht. Andernfalls kann das Landratsamt den Erlass einer solchen Satzung anordnen.

So drehten sich die anschließenden Fragen insbesondere seitens der CSU vor allem auch darum, wie Schongaus finanzielle Lage diesbezüglich zu beurteilen ist, was die Referentin nicht beurteilen konnte oder wollte.

Auf Nachfrage von Bürgermeister Gerbl führte Frau Hesse dann noch aus, dass sich Bürgermeister und auch Stadträte sogar strafbar machen können, wenn sie eine solche Satzung nicht erlassen. Dabei konnte sie aber keinen einzigen Fall belegen, in dem es auch nur zu einem solchem Verfahren, geschweige denn zu einer Verurteilung gekommen wäre.

Mein Fazit: Hauptzweck dieses Vortrags war es offensichtlich, die Stadträte so weit einzuschüchtern, dass sie im Frühjahr eine solche Satzung erlassen. Ob eine solche Satzung für die Bürger gerecht ist, spielt dabei keine Rolle.

Ob die Rechnung aufgeht, ist aber zumindest dieses Jahr zweifelhaft. Die CSU hat bereits angedeutet, bei ihrer ablehnenden Haltung zu bleiben, und ob Landrat Zeller tatsächlich kurz vor der nächsten Landratswahl eine solche Satzung anordnet, bezweifle ich.

So wird Bürgermeister Gerbl vielleicht noch länger mit der Angst leben müssen, seine Amtszeit als erster bayerischer Bürgermeister wegen einer nicht erlassenen Straßenausbaubeitragssatzung im Gefängnis zu beenden.

Die nach Auffassung der Alternativen Liste beste Lösung: endlich die Gewerbesteuer erhöhen, dann sollte Schongau auf jeden Fall genug Einnahmen haben, um eine solche Satzung umgehen zu können. Aber das will die CSU-Fraktion ja auch nicht.

Markus Keller

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Was ist eine Straßenausbaubeitragssatzung?

Eine Gemeinde soll (um die juristische Bedeutung dieses „soll“, die irgendwo zwischen darf und muss liegt, ging der ganze Vortrag) die Anwohner an den Kosten beteiligen, wenn bestehende Straßen komplett saniert werden müssen.

Dabei tragen die Anwohner von Anliegerstraßen in der Regel für den Straßenbau 80 %, bei größeren Straßen 50 % und bei Hauptverkehrsstraßen 30 % der Kosten. Den Rest zahlt die Gemeinde. Für Geh- und Radwege gibt es etwas andere Sätze. Die Gemeinde kann in ihrer Satzung laut Frau Hesse bis zu 15 % von dieser Verteilung abweichen.

Reparaturen fallen nicht unter die Straßenausbaubeitragssatzung.

Wenn die Sanierung einer Straße ansteht, werden die Anwohner üblicherweise vorher informiert und bei verschiedenen Ausbauvarianten auch befragt, welche Variante gewünscht wird. Ein Rechtsanspruch auf eine solche Beteiligung besteht aber nicht.

Eine Straßenausbaubeitragssatzung gilt auch rückwirkend für bereits erfolgte Maßnahmen, wenn dies in der Satzung nicht ausdrücklich ausgeschlossen wird. Wie viele Jahre rückwirkend Anwohner zur Kasse gebeten werden können, ist juristisch nicht klar definiert, aber 5 bis 10 Jahre sind durchaus möglich.

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Das Bundesverfassungsgericht wird entscheiden

Eine Klage gegen die Rechtmäßigkeit von Straßenausbaubeitragssatzungen liegt seit dem 25. Juli 2011 zur Entscheidung beim Bundesverfassungsgericht. In seiner Verfassungsbeschwerde stellt Dr. Ernst Niemeier fest, die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen verstoße gegen das Grundgesetz, und zwar gegen die Artikel 2, 3 und 14. Zu diesem Ergebnis komme man bei finanzwissenschaftlicher, steuerrechtlicher sowie bei staatsrechtlicher Betrachtung der Straßenausbaubeiträge. Urteile von Verwaltungsgerichten, die stets einen „besonderen Vorteil“ für Grundstückseigentümer „konstruieren“, seien sachlich und logisch nicht haltbar.

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