Wir sind Guttenberg!

Sigi Müller

Sigi Müller

Alle machen Fehler…

… so sangen die Kinder mit dem Autor des Kinderliedes Rolf Zuckowski schon vor Jahrzehnten. Um solche Binsenweisheiten, dass wir doch alle Fehler machen, geht es aber bei Guttenberg gar nicht. Und trotzdem wollen uns seine Fans und ihre politischen Taktgeber von Schwarz bis Gelb einreden, dass man Guttenbergs Verhalten so abtun müsste. Aber was ist denn von dem (inzwischen Selbst-)Verteidigungsminister zu halten, der einen Militäreinsatz in Afghanistan zunächst als „angemessen“ bezeichnet, dann aber unter dem Druck der Faktenlage als „unangemessen“ darstellt. In der Plagiatsaffäre erleben wir wieder das gleiche Spielchen. Zuerst bezeichnet er die Erkenntnisse anderer über seine Betrügereien als völlig „abstrus“, dann kommt er selbst zur Erkenntnis, dass er „gravierende Fehler“ gemacht, ja sogar „Blödsinn“ geschrieben hat. Volk und BILD jubeln trotzdem. Und wie! Für solche Heilsbringer, Lichtgestalten, Superstars und dergleichen gelten halt völlig andere Regeln. Nach dem Rücktritt von zu Guttenberg brauche ich aus meiner Sicht das hier vorher Geschriebene nicht korrigieren, sondern nur noch ergänzen.

Jetzt ist die Wagenburg zum Schutz Guttenbergs – aufgebaut vor allem durch die Guttenberg-Verteidiger Dobrindt und Friedrich (beide CSU) – durch Guttenbergs Rückzug jäh auseinander gebrochen. Aber die Verteidigung Guttenbergs hat bei seinen Gefolgsleuten, seinen Fans, nicht nur nicht nachgelassen, sie hat sich sogar stellenweise noch verstärkt. Wenn man die riesige Menge von Leserbriefen über sich ergehen lässt, bekommt man eine Ahnung davon, was so ein Messias, Heilsbringer, Führer alles anrichten könnte und kann, ohne dass er von irgend jemand zur Rechenschaft gezogen wird. Wer am Image des CSU-Überfliegers Guttenberg kratzt, wird ja sofort eingeordnet als Neidhammel, Intrigant und natürlich als Linker. Guttenberg dagegen wird grundsätzlich als Opfer präsentiert. Er sei Opfer einer schmutzigen Linkskampagne. Von Mobbing, Tribunal, Kreuzigung, sogar von Inquisition ist da die Rede. Und weil die Kritiker so gemein zum Herrn zu Guttenberg waren und sind, soll er vielleicht bald schon ein Comeback erleben dürfen.

Noch eine Kleinigkeit: Darf man in einem Bereich seines Lebens fälschen und lügen, ohne dass dies für einen anderen Bereich, in dem man sogar Vorbild sein will, von Bedeutung ist? Bundeskanzlerin Angela Merkel hält dies offenbar für möglich. Ihre Strategie, Guttenberg mit zweierlei Maß zu messen – hier der tadellose Minister, dort der fehlerhafte Wissenschaftler – stößt aber auf immer mehr Unverständnis, ja sogar auf heftige Kritik. Also, noch darf man auf derartige Erkenntnisse in unserer Demokratie hoffen. Ein kleiner Lichtblick!

Siehe auch: Ab in den Reisswolf!

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