Essen im Krankenhaus: Fertigprodukte versus Vollwertkost

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Renate Müller

Als ich am Freitag, 17. Juni die Zeitung aufschlage, sehe ich, dass der Aufmacher der Schongauer Seite des Merkur einmal mehr die Verpflegung in einem der Häuser der Krankenhaus GmbH des Landkreises Weilheim-Schongau ist. Essen im Krankenhaus „eine Zumutung“, so lautet die Schlagzeile. Ein älterer Herr, der 16 Tage Patient im Schongauer Krankenhaus war, beklagt sich mit detaillierter Kritik über die Essensversorgung. Seit der Umstellung der Küche auf ein neues System im April 2015, bei dem etwa 70 Prozent des Essens zugekauft und nur 30 Prozent selbst hergestellt werden, ist er nicht der Erste, der mit seinem Ärger über die schlechte Qualität an die Öffentlichkeit geht. Aber auch in vielen privaten Gesprächen wird deutlich: bei der medizinischen Versorgung herrscht eher die Zufriedenheit vor, über das Essen hat mir noch keiner was Positives gesagt. Da gibt es Aussagen wie: „Ich hab mir halt öfters eine Pizza liefern lassen“, „meine Familie hat mich mit Essen versorgt“, oder auch „da geh ich freiwillig nicht mehr hin“.

Bei der Entscheidung des Kreistags, die Krankenhausküche in Weilheim zu schließen und in Schongau für beide Häuser zu kochen, war allerdings vom Zukauf von Fertig­essen nicht die Rede. Da hieß es noch, dass Schongau ja so eine gute Küche habe, die bei Patientenbefragungen auch immer gut abschneide.

Beim Durchblättern der restlichen Seiten des Merkur bleibt mein Blick zufällig an einer Anzeige hängen. Da wirbt das »Krankenhaus für Naturheilweisen« in München für eine Veranstaltung mit dem Titel: »Vollwerternährung: Grundlagen einer gesunden Ernährung in Theorie und Praxis«. Mein erster Gedanke ist, na ja, die werden sich das leisten können, das ist ja sicher eine Privatklinik. Aber nein! Unten steht in Fettdruck: „Wir behandeln Patienten aller Kassen.“ Auf der Internetseite der Klinik finde ich unter der Rubrik »Aufenthalt – Wissenswertes A – Z« einen Absatz über Ernährung: „Die richtige Ernährung ist essenziell für die Behandlung als auch für die Prävention von Krankheiten“, so beginnt der Text darunter. Außerdem erfahre ich auch noch, dass die Normalverpflegung  „eine mediterrane Vollwertkost mit Lebensmitteln aus überwiegend ökologischem Anbau“ ist.

2016_07_krankenhaus_essenNun bin ich endgültig neugierig, wie das möglich ist. Ich rufe dort an und erfahre vom Küchenchef, dass das Essen nicht als Verpflegung gesehen und kalkuliert wird, sondern als Teil der medizinischen Behandlung. Natürlich würden auch sie von den Krankenkassen nur den gleichen (niedrigen) Satz pro Tag bekommen wie alle anderen Krankenhäuser. Meine Frage, wie das dann finanziert werde, ob sie viele Privatpatienten oder Patienten aus dem Ausland hätten, wird verneint. Es werde einfach ein höheres Budget für das Essen eingestellt und außerdem wären ja die Verpflegungskosten im Vergleich zu den anderen Kosten des medizinischen Bereichs sowieso nur ein sehr geringer Anteil. Zudem habe das Essen neben der medizinischen Versorgung einen sehr hohen Stellenwert bezüglich der Patientenzufriedenheit und so würden auch schon wieder Krankenhäuser, die auf Caterer umgestellt hatten, zurück zur eigenen Küche gehen.

Und so bleibt die Hoffnung, dass sich diese Sehweise auch noch in unseren Landkreis- und GmbH-Gremien durchsetzt. Und jeder, der mit seiner Kritik nach außen geht, trägt vielleicht dazu bei.

Renate Müller, Schongau
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