Köpfe auf Plastik wollen an die Macht

Neuer Trend: Hier nur Plastik unter den Köpfen der Kandidatinnen & Kandidaten (Fotos: Sigi Müller)

Nach der Wahl wird das Plastik-Material tonnenweise entsorgt – die gewählten Köpfe dürfen kurioserweise bleiben!

Plastik oder Pappe?

Was hält besser: Plastik oder Pappe? Da sind sich die Experten der Parteien uneins. Die Plastik-Fraktionen sind der festen Überzeugung, dass Plastik-Plakate mehr Stabilität aufweisen. Dieser neue Plakat-Trend wird deshalb häufig mit Attributen wie »lang­lebig, wetterfest, windstabil« werbewirksam angepriesen!

Interessanterweise werden von Herstellern der Papp- oder Karton-Plakate auch »Wetterfestigkeit«, »Windstabilität« und eine ausreichende Nutzungsdauer von bis zu acht Wochen garantiert. Umweltaspekte spielen bei Karton-Plakaten eine zentrale Rolle. Die verwendeten Materialien sind der Beschreibung nach FSC-zertifiziert. „Das Karton-Plakat kann im Altpapier entsorgt werden“, so die Erklärung eines Herstellers, der auch seine Bereitschaft signalisiert, die von ihm hergestellten Plakate nach Absprache zur Wiederverwertung zurückzunehmen.

Plastikplakate erzeugen Plastikmüll

Wenn der Wahlkampf vorbei ist, wird er im wahrsten Sinn des Wortes nochmal zu einer schmutzigen Sache. Das zeigte sich im vergangenen Jahr auch in Nordrhein-Westfalen. Dort warteten mehrere Dutzend Tonnen Plastikmüll von ausgedienten Wahlplakaten auf ihre Beseitigung. Viele Parteien setzten zum großen Teil auf solche »Kunststoffplakate«, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab. Mindestens 156 000 Exemplare aus Plastik wurden demnach im NRW-Landtagswahlkampf etwa an Straßenlaternen und Bäumen angebracht.

Die CDU warb nach eigenen Angaben mit 58 000 Plakaten aus Kunststoff und 20 000 aus Papier. Die Linke ließ neben 50 000 Plakaten aus Plastik 5 000 aus Papier drucken. Die Piraten nutzten fast nur Kunststoffplakate rund 25 000 Stück. Von den etwa 100 000 SPD-Plakaten waren laut Partei dagegen nur etwa 20 000 aus Plastik.

Auch bei der FDP war der Kunststoffanteil geringer: Von 44 000 Plakaten waren etwa 3 300 aus Plastik. Die Grünen verzichteten dagegen komplett auf Plastik: Die Öko-Partei verwendete nach eigenen Angaben ausschließlich Papier- und Papp-Plakate. Die AfD machte keine Angaben. Das kleinste Plakat aus Kunststoff war nach Auskunft einer Agentur einen halben Quadratmeter groß und wog etwa 225 Gramm.

Beobachtungen vor Ort

Wir haben uns in Landsberg, Schongau und Peiting umgeschaut und versuchen nun im OHA unseren Eindruck über die Verwendung von Plastik- und Kartonplakaten zu vermitteln. Nach heftigen Regenfällen und zum Teil kräftigen Sturmböen Ende September haben sich nach unseren Beobachtungen die Plastik-Plakate nicht stabiler erwiesen als die Karton-Exemplare. Überraschenderweise zeigten sich die meisten Karton-Plakate sogar »wetterfester« und blieben nahezu unbeschädigt.

Vom Aussterben bedroht sind bedauerlicherweise die immer wieder verwendbaren, leicht reparierbaren Plakatständer aus Holz, die wir erfreulicherweise ab und zu noch entdeckt haben – in Landsberg von den Grünen, in Schongau und Peiting von der ÖDP und von MUT. Kartonplakate waren durchwegs von den Grünen, der ÖDP, von MUT und einige von der SPD mit Natascha Kohnen zu sehen.

Eine Welt ohne Plastik?

Die Frage, die insbesondere auch von Plastik-Produzenten gestellt wird, klingt durchaus raffiniert: „Ist es überhaupt sinnvoll und machbar, auf Plastik zu verzichten?“ Politisch ist das geschickt formuliert, denn wer – wie Mitglieder umweltaffiner Parteien – wegen Umweltzerstörung oder -verschmutzung einen Verzicht fordert, wird gerne auch von Wahlkämpfern der C-Parteien als notorischer Neinsager in einer Verzichts- oder Verbotspartei bezeichnet und somit stigmatisiert.

Sigi und Renate Müller, Schongau

 

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