Komm lass uns stiften geh’n – oder: Wohin mit meinen Milliarden?

Armut grassiert – unermesslicher Reichtum triumphiert (Bild: Pixabay)

Wir leben schon in einer seltsamen Welt. Millionen Menschen leiden unter Hunger, Krankheit, Armut, haben keinen Zugang zu sauberem Wasser, zu medizinischer Grundversorgung oder zu Bildung. Und auf der anderen Seite sind da einige wenige, die geradezu in Geld schwimmen, die Vermögen besitzen, oftmals in gerade einer Generation erworben, deren Höhe für uns gar nicht mehr vorstellbar ist.

Ein Wirtschaftssystem, das diese Ungleichheit und die damit verbundene Ungerechtigkeit ermöglicht, ist schlichtweg pervers, zumal diese Riesenvermögen ja oftmals mit Ausbeutung, mit Steuerhinterziehung und mit ökologischen Zerstörungen einhergehen. Aber wehe jemand wagt es, diese Ungleichheit anzuprangern und womöglich gar höhere Sozial- und Umweltstandards einzufordern!

Die Medienwelt macht‘s größtenteils nicht, im Gegenteil: Da werden die Superreichen doch lieber gefeiert und glorifiziert. Und wenn bei denen mitunter doch das schlechte Gewissen sich meldet, dann gründet man am besten eine Stiftung, selbstredend steuersparend, und lässt sich öffentlich als Wohltäter der Menschheit feiern. Wenn man es ganz geschickt anstellt, dann finanzieren eben jene Stiftungen durchaus lobenswerte soziale oder ökologische Projekte, bei denen aber, na so was, die Produkte aus den Firmenimperien der Stifter zum Zuge kommen. Das bringt dann wieder Firmen- bzw. Aktiengewinne, von denen man dann ja wieder einen Teil stiften kann.

Um hier falsche Anschuldigungen gar nicht erst aufkommen zu lassen: Ja, es gibt auch zahlreiche Stiftungen, die durchaus sinnvoll und lobenswert sind, aber von denen rede ich hier nicht.

Und jetzt zu dem aktuellen Fall, der mich zu diesen Zeilen animiert hat: Mac­Kenzie Scott, Ex-Frau von Amazongründer Jeff Bezos, hat dieser Tage eine Milliardensumme für gemeinnützige Zwecke gespendet. Kurz nach ihrer Scheidung hatte Scott 2019 öffentlich angekündigt, so viel von ihrem Vermögen zu spenden bis „der Tresor leer ist“. Doch das wird wohl schwieriger als erwartet, denn ihre Aktien steigen und sie wird dadurch immer reicher, obwohl sie im Jahr 2020 an die acht Milliarden US-Dollar gespendet hat. Scotts wachsendes Vermögen wird immer noch durch Aktienpakete von Amazon ermöglicht, dem Unternehmen ihres Ex-Mannes. Der Internet-Gigant steht dabei seit langem wegen seiner Monopolstellung im Privatsektor, niedrigen Steuerzahlungen und den teils ausbeuterischen Arbeitsbedingungen in der Kritik.

Nun gab Scott bekannt, dass sie eine weitere Milliardensumme für gemeinnützige Zwecke gespendet hat. Die 2,74 Milliarden Dollar (etwa 2,2 Milliarden Euro) gehen an 286 Organisationen, die laut Spenderin bislang „historisch unterfinanziert und übersehen worden sind“. Die ausgewählten Einrichtungen – darunter Universitäten, Künstlergruppen und gemeinnützige Organisationen – setzen sich unter anderem gegen Rassismus und häusliche Gewalt sowie für Kultur und Bildung ein. Dabei geht sie bewusst einen anderen Weg als den über eine Stiftung, sondern verteilt, nach welchem Prinzip auch immer, direkt.

Die Milliardärin kritisiert auch öffentlich die ungerechte Verteilung von Reichtum auf der Welt. Ihr eigenes Vermögen sei durch Systeme ermöglicht worden, die geändert werden müssten, erklärt sie und glaubt zudem, „dass es besser wäre, wenn unverhältnismäßiger Reichtum nicht in einer kleinen Anzahl von Händen konzentriert wäre“.

Der Ansatz, die Spenden direkt, ohne Begründung und frei von Bedingungen zu verteilen ist umstritten, wird gleichermaßen bejubelt wie auch kritisiert. Während Scotts Großzügigkeit von Philanthropie-Experten begrüßt wird, werden jedoch auch Stimmen lauter, die angesichts der hohen Beträge einen transparenteren Umgang mit den Spenden fordern. Man könnte auch hinzufügen, dass sie mit einem Teil ihres Vermögens auch dazu beitragen könnte, dass Löhne und Arbeitsbedingungen bei Amazon sich zum Positiven ändern.

Und da fällt mir plötzlich der Urgrüne Tom Koenigs ein, dessen politische Anfänge in Frankfurter Spontigruppen der 70er Jahre um Joschka Fischer zu sehen sind, und der es später unter anderem zum Bundestagsabgeordneten oder zum UN-Sonderbeauftragten für den Kosovo gebracht hat. Aus einer Bankiersfamilie stammend hat er 1973 sein Gesamterbe, also nicht nur die Hälfte, nicht gestiftet, sondern verschenkt. Das Vermögen ging an den Vietcong und an chilenische Widerstandskämpfer gegen den Diktator Pinochet.

Wie man sieht, Frau MacKenzie Scott hat noch Spielraum nach oben!

Hans Schütz, Peiting

stifterlied

Komm wir gehen stiften
woll‘n unsern reichtum liften
denn für den staat
ist uns unser geld zu schad

komm wir wollen stiften gehen
niemand soll den reichtum sehen
so können wir uns’re millionen
vor steuerzugriffen verschonen

komm wir gehen stiften
und wenn die andern noch so giften
so viele steueroasen dieser welt
die warten nur auf unser geld

und wenn wir dann noch eine stiftung gründen
dann werden wirklich alle finden
wie arm wir ohne edle stifter wären
und werden uns mit orden ehren

Hans Schütz

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