Kunststoffe – vermeiden, verwerten und nicht verteufeln! (10)

„Vielleicht ist Plastik-Fischen dann ein Geschäftsmodell, einträglicher, als Fische zu fischen?“ So liest man verwundert am Ende des Artikels »Der Planet aus Plastik« in der Zeitschrift »Der Lebensbaum« (Ausgabe 88, Frühjahr 2019).

Wie kommt es zu dieser Feststellung?

Wissenschaftler des Geomar-Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung in Kiel haben festgestellt, dass selbst am »Point Nemo«, dem am weitesten vom Festland entfernten Punkt der Erde, Mikroplastik nachzuweisen ist, für unser Auge unsichtbar. Im Gegensatz zum »GPGP«: „Sogar aus der Luft erkennbar ist hingegen der Great Pacific Garbage Patch, ein riesiger Plastikmüllstrudel im Nordpazifik, der mittlerweile so groß ist wie Europa.“

Alle Ansätze, sich dieser Herausforderung zu stellen, sind gut und richtig. Forderungen, ab sofort auf jegliche Produktion von Plastik zu verzichten, sind jedoch illusorisch, wie alle fundamentalistischen Wünsche. Plastik ist in vielen Bereichen auch ein Segen. Die Verkleidungen von Elektrogeräten, PKW-Armaturen und –Sitzen und vieles mehr können als Massenware nicht einfach anderen Materialien weichen, schon gar nicht durch ebenfalls umweltschädliches Aluminium. Allenfalls lassen sich »Kunst-Stoffe« durch »Natur-Stoffe« ersetzen, wie in früheren Artikeln dieser Serie aufgezeigt – sofern diese nachhaltig gewonnen werden können.

In vielen Bereichen müssen wir »retro« denken, wie es Professor Dr. Volker Zahn in seinem Vortrag am 13. März 2019 so plastisch aufgezeigt hat im Rahmen des Projekts »7 Wochen ohne Plastik« des evangelischen Pfarrers Jost Herrmann in Schongau. Man staunt, was alles für unsere Großeltern möglich war und heute wieder »in« ist, ohne jedes Plastik! Und man stellt mit Freude fest, dass die Industrie dieses Potenzial wieder entdeckt hat und vermarktet.

Plastic Roads der Firma VolkerWessels

Nach Meldungen der »dpa« recyceln die Europäer mittlerweile 42 Prozent der Plastikverpackungen, 2005 waren es noch 24. Um die Quote drastisch zu steigern, wäre es zwingend, möglichst nur noch sortenreines Plastik herzustellen. Anderer schlecht verwertbarer Kunststoff-Müll eignet sich allenfalls für das »down-cycling« zu Produkten wie Parkbänken, Pollern, Plastik-Schwellen zwischen den Gleisen (relativ neu) – und »Plastic-Roads«, vorgestellt in meinem OHA-Artikel im Februar 2018. Selbst wenn sich diese Idee des niederländischen Unternehmens »VolkerWessels« wegen der Hohlräume unter den Straßen für Kabel und Leerrohre als undurchführbar für Autobahnen erweisen sollte (Befürchtung des »stern«: zu starke Geräuschentwicklung, erhöhte Brandgefahr), bliebe die Möglichkeit, große Mengen des aus dem Meer gefischten Plastiks für Radwege und normale Straßen in ganz Europa zu verwenden. Diese sollen kostengünstiger sein als Straßen aus Asphalt, drei Mal so lange halten, Frostschäden nahezu ausschließen, weniger Feinstaub produzieren und geräuschärmer sein. Schon deshalb wäre dem vorerst gescheiterten Ocean-Cleanup-Projekt des Niederländers Boyan Slat am genannten »GPGP« baldiger Erfolg zu wünschen. Dann könnte der Eingangs-Satz dieses Artikels, mit dem ich die Serie vorerst beende, (traurige) Wahrheit werden.

Boyan Slats Projekt selbst möchte ich in einem eigenen OHA-Artikel näher vorstellen, sobald es gut läuft. In etwa einem Jahr werfe ich einen Blick auf die »weitere Entwicklung in Sachen Plastik«. Dank an alle, die ein wenig mitgelesen haben.

Roland Greißl, Fuchstal

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