Wir sollen verkauft werden!

Handelsabkommen EU-USA-Kanada auf dem Prüfstand – Attac-Veranstaltung in Weilheim

Foto: Referent Henning Hintze bei seinem Vortrag

Referent Henning Hintze, Sprecher der Münchner Attac-Arbeitsgruppe Freihandelsfalle

Unser Referent Henning Hintze – Journalist und Sprecher der Münchner Attac-Arbeitsgruppe Freihandelsfalle – zeigte am 14. Januar in der Weilheimer Gaststätte »Gögerl« überzeugend auf, dass einerseits die Vorgehensweise und andererseits die inzwischen geleakten Informationen zu den Verhandlungsinhalten keinen anderen Schluss zulassen – wir, die Bürgerinnen und Bürger in Europa, aber auch in USA und Kanada sollen verkauft werden!

Ein weiteres Indiz dafür ist, dass es zu dem inzwischen verhandelten Abkommen zwischen EU und Kanada, das als Blaupause für das Abkommen zwischen USA und EU (TTIP) dienen soll, nach wie vor keine konkreten Informationen gibt. Dabei könnten damit eventuell dringende Fragen und Befürchtungen beantwortet und ausgeräumt werden.

In den Vorbereitungen zu den Verhandlungen von TTIP konnten Unternehmens- und Wirtschaftsverbände beiderseits des Atlantiks ihre Interessen voll einbringen und auch die Verhandlungsrunden werden von einem riesigen Tross von Lobbyisten begleitet. Gewerkschaftsvertreter oder andere Vertreter der Zivilgesellschaft findet man dagegen nicht. Auch nicht deren Themen nach einer sozialen, nachhaltigen und ökologischen Weiterentwicklung unserer Gesellschaft. Ganz im Gegenteil deutet alles darauf hin, dass die bis jetzt in Deutsch­land/Europa erreichten Standards auf ein niedrigeres Niveau heruntergefahren werden. Denn Zielsetzung ist der Abbau von nicht-tarifären Handelshemmnissen. Verlautbarungen, die betonen, derzeitige Gesetze würden nicht berührt werden dienen wohl eher der Beschwichtigung und widersprechen allen Erfahrungen mit anderen bereits vereinbarten Handelsabkommen.

Zur Verhandlung kommen alle Bereiche. Bei der Landwirtschaft wird von den USA die Durchsetzung der Gentechnik als essenziell angesehen. US-amerikanische Investoren versuchen bereits jetzt Lizenzen für Fracking zu erwerben und die Verhandlung der Vergabe von Dienstleistungen öffnet der Privatisierung von Wasser, Bildung und Gesundheit Tür und Tor. Es ist denkbar, dass zukünftig die staatliche Förderung der sogenannten Daseinsvorsorge von Unternehmen, die diese Dienste privat übernehmen wollen, als Anlass genommen werden, die Staaten zu verklagen.

Foto: Publikum, Diskussionsrunde nach Vortrag

Die rege Diskussion im »Gögerl« ergab, dass derartige Abkommen abzulehnen sind.

Denn Knackpunkt der Verhandlungen ist, dass, wie auch in anderen Abkommen, Investoren gegen Enteignung und gegen sogenannte indirekte Enteignung geschützt werden sollen. Immer mehr kristallisiert sich heraus, dass darunter auch Einbußen des Gewinns verstanden werden, die durch Gesetzesänderungen entstehen können. Schiedsstellen, die neben der eigentlichen Gerichtsbarkeit eingerichtet werden sollen, werden dann von Wirtschaftsanwälten besetzt. Die am Handelsabkommen beteiligten Staaten verpflichten sich, sich den Schiedssprüchen zu beugen, die unter Umständen Milliarden-Entschädigungen vorsehen. Es gibt keine Einspruchsmöglichkeit dagegen.

Es ist zu erwarten, dass allein die Androhung einer Klage dazu führt, dass gesetzliche Vorhaben im Keim erstickt werden. Gesellschaftliche Weiterentwicklung wäre damit passé.

Wollen wir das? Wollen wir uns verkaufen lassen? Die rege Diskussion im »Gögerl« ergab ganz klar, wir wollen uns wehren. Gegen CETA[1] und TTIP[2]. Wir werden mit den EU- und Bundestagsabgeordneten Kontakt aufnehmen und hoffen, dass wir mit ihnen in die dringend notwendige Diskussion kommen. Wir setzen uns für eine EU-Bürgerinitiative ein.

Wollen Sie mitmachen? Kommen Sie zu uns! Jeden zweiten Mittwoch im Monat um 19:30  Uhr in Weilheim, Gaststätte »Pit Two«!

Ursula Steiner
für attac Kreisgruppe Weilheim

 

Quellenangaben / Hinweise


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  1. CETA = Comprehensive Economic and Trade Agreement. Dieses »umfassende Wirtschafts-und Handelsabkommen« zwischen Kanada und der EU gilt für alle Unternehmen, die in Kanada oder der EU ein substanzielles Geschäft betreiben, also auch für viele US-Firmen, die eine Niederlassung in Kanada unterhalten.
  2. TTIP = Transatlantic Trade and Investment Partnership. Das bedeutet »Transatlantisches Freihandelsabkommen«. Offizielle Bezeichnug und Übersetzung: »Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft«
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