Zwischen geilem Sound und Körperverletzung

Eine Glosse über den akustischen Terror auf unseren Straßen

Röhren, Dröhnen, Knattern, Brüllen. Der Sommer ist da und mit dem schönen Wetter steigt die akustische Umweltverschmutzung rapide an. Es sind mächtig viele geworden, die mit ihren Terror-Maschinen anderen egoistisch die Lebensfreude verderben.

Nicht nur die Bewohner von Städten und Dörfern sind betroffen. Von allen Alpenpässen schallt’s und besonders in den Tälern zerreißt das Brunftgetöse die reine Gebirgsluft. Kein Ruheraum wird verschont. Der glatte Wasserspiegel idyllisch gelegener Seen leitet den ohrenbetäubenden Lärm in die entferntesten Uferzonen und am Campingplatz »La Quiete« wird der Urlauber bei Sonnenaufgang durch die Motordrehzahl 7000 aus dem Schlaf gerissen. Buon giorno. Du bist angekommen im Land, wo die Motoren glüh’n.

»Bikers welcome« liest sich wie ein Hohn für die friedliebende Bevölkerung, doch der laute Wirtschaftsfaktor hat Vorrang. Wenn selbst die Industrie Vorrichtungen zur Manipulation oder Umgehung der »lästigen« Schalldämpfer liefert, muss das ja wohl legal sein. Mit »Freude am Fahren« aber ist der Lautstärkewahn kaum zu erklären. Nein, das Problem sind nicht die heranwachsenden Halbstarken, sondern zunehmend jene, die diese Lebensphase offenbar nie überwunden haben.

Wie der schöne Sommer 2018 bereits zeigte, bekommen die Biker nun zunehmend Konkurrenz durch Vierrad-Boliden. So manchem SUV-Lenker reicht es auch nicht mehr, nur visuell zu beeindrucken. Der prothesen-potente SUV-Pilot ist in der Lage, mit gekaufter Energie aus 4 Litern Hubraum jeden Biker in seinen akustischen Schatten zu stellen. In seinem ruhigen Wohngebiet kommt der Sound eines NATO-Manövers für die Nachbarn erst so richtig zur Geltung.

Dieser »Loudness War« hat weitere Folgen: Nun sind auch die Rettungsdienste gefordert, über eine Aufrüstung ihrer Martinshörner nachzudenken, wenn sie unbeschadet an ihr Einsatz-Ziel kommen wollen. Auf der Strecke bleiben vor allem die älteren Menschen, deren Sinneszellen die Fähigkeit verloren haben, sich vor dem enormen Schalldruck schnell wegzuducken. #MeToo

Muss jeder Lebensbereich durch Gesetze eingeschränkt werden oder kann auch die Solidarität der betroffenen Mehrheit etwas Positives fürs Gemeinwohl bewirken? Unsere Zivilisation ist zu eng für solche »Freiheiten«. Wer die Errungenschaften der Zivilisation missbraucht, soll auch nicht daran teilhaben. Ab in die Quarantäne mit denen, in den zivilisationsfreien Raum ohne Straßen und ohne Tankstellen. Sobald sie ihre egoistischen Brunftgelüste dort ausgelebt haben, können sie ja wieder zurückkommen.

Siegfried Klar, Weilheim

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