Europa hilft in Afrika – sich selbst

Foto: Berliner Compagnie

Die Ursachen der Krisen in Afrika kommen auch aus Europa (FOTO: Berliner Compagnie)

Was wir über unseren »Entwicklungsbeitrag« wissen sollten

Das fünfte Stück der Berliner Compagnie über Afrika – genauer gesagt zu den afrikanisch-europäischen Beziehungen – hat den Titel »DIE WEISSEN KOMMEN« (siehe Ankündigung auf Seite 14!) Der Fokus der fünf Stücke ist immer die Interdependenz zwischen den beiden Kontinenten.

Autorin und Regisseurin haben mehrere Reisen nach Afrika unternommen. Sie führten nach Tunis, Algerien, durch die Sahara, Niger, Mali, Senegal, Südafrika. Die dabei gewonnenen Erfahrungen sowie die Begegnung mit Menschen und Schauplätzen flossen auch in das Projekt »DIE WEISSEN KOMMEN« ein.

Folgende Hintergrundinfos zum Theaterstück müssten uns eigentlich die Augen öffnen und nachdenklich stimmen:
»Motiviert zu dem Stück wurden wir durch die Beobachtung, dass in der Öffentlichkeit ein großes Missverhältnis besteht zwischen einer durchaus starken emotionalen Betroffenheit aufgrund der von den Medien verbreiteten Bildern der Not einerseits und einer katastrophalen Unkenntnis der wirklichen Ursachen dieser Not andererseits. In Umfragen wird auf die Frage nach Instrumenten zur Bekämpfung des Hungers in der Welt fast ausschließlich Nahrungsmittelhilfe, Entwicklungshilfe oder bessere Regierungsführung genannt. Schlechte Regierungsführung geben in einer jüngsten Umfrage gerade die Besserverdienenden bei uns als größtes Problem der Entwicklungsländer an.

Die meisten Bürger bringen die elenden Zustände weder mit den augenblicklichen, von der EU und ihrer eigenen Regierung mitgesetzten weltwirtschaftlichen Regeln, noch mit der europäischen Kolonialgeschichte, noch mit ihrem eigenen Konsum- oder Wahlverhalten zusammen.

Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO 2009) übersteigt die Zahl der Unterernährten erstmalig die Milliarden-Grenze. Ein Drittel von ihnen lebt in Afrika. Das Millenniums-Ziel, den Hunger in der Welt bis zum Jahr 2015 zu halbieren, wird ganz offenbar scheitern.

Wir möchten mit unserem Stück auf die externen Ursachen der Katastrophe in Afrika hinweisen und zwar auf diejenigen, die mit Europa zu tun haben – mit uns! Denn obwohl wir hohe Summen als Entwicklungshilfe an Afrika schicken, schädigen wir – bzw. unsere Regierungen, unsere Konzerne – auch ein halbes Jahrhundert nach dem Ende der Kolonialzeit offenbar weiterhin und auf verschiedene Weise unseren Nachbarkontinent. Dieses Problem steht im Zentrum des Projekts.

Schon eine einfache Zeitungslektüre zeigt, wie viele Lebensbereiche betroffen und wie gravierend die Schäden sind.
(Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.)

  • Milchprodukte aus Europa überschwemmen die afrikanischen Märkte zu Preisen, mit denen lokale Milchbauern nicht mithalten können. Die EU-Agrarsubventionen an Lebensmittelkonzerne und Großmolkereien zerstören die Existenz von Millionen afrikanischer Kleinbauern.
  • Die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise, ganz offenbar bei uns in den Industriestaaten des Nordens entstanden, trifft Afrika besonders hart. Als Folge der Krise und dem durch sie verschärften Nahrungsmangel sind nach Einschätzung der Vereinten Nationen bis zu 50.000 Neugeborene in Afrika vor ihrem ersten Geburtstag gestorben und 53 Millionen Afrikaner zusätzlich unter die Armutsschwelle gesunken.
  • Versteppung, Verwüstung, die zunehmende Verschlechterung der Ernährungssituation in Afrika sind Folgen des Jahrhunderte langen CO2-Ausstoßes der Industrieländer. Die den Klimawandel am wenigsten verursacht haben, erleiden ihn am heftigsten.
  • In riesigen Netzen ziehen die Industrietrawler vor der Küste Westafrikas alles Leben aus dem Meer. Die arbeitslos gewordenen Fischer schippern Flüchtlinge nach Europa oder in den Tod.
  • Die in den letzten Jahren gestiegenen Preise für Lebensmittel – lebensbedrohlich für eine Unzahl von Menschen in Afrika – haben auch mit der ständigen Nachfrage nach Biokraftstoff für unsere Autos zu tun (von den Termingeschäften mit Nahrungsmitteln an der Börse ganz zu schweigen).« (…)

(Fortsetzung im nächsten OHA!)

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