Denkfehler

Carla Brentano (Kammersängerin und ehemalige Schauspielerin) und Professor Richard Deubner in der Cafeteria des Augustinum in Dießen

C: Guten Morgen, Richard.

R: Ja grüß dich, Carla. (legt eine Zeitung zur Seite) Du, setz dich doch zu mir.

C: Gerne, Richard, aber nur, wenn ich dich bei deiner Lektüre wirklich nicht störe. (setzt sich)

R: Du störst mich nie, liebe Carla. Und blendend siehst du wieder aus.

C: Danke, Richard. Du, ich täusch mich doch nicht, du hast doch gerade etwas sehr Interessantes gelesen, als ich hereinkam. Du warst ja total vertieft in die Zeitung.

R: Richtig. Deswegen habe ich dich auch nicht bemerkt. Aber du wirst mir das vermutlich verzeihen, denn der Merkur schreibt wieder einmal über Putin.

C: Du, wenn ich diesen Namen nur höre, regt sich in mir ein unbändiges Verlangen, ihm einmal auf einer Bühne gegenüber stehen zu dürfen.

R: Das kann ich gut verstehen, Carla. Putin schließt sich ja an eine schier endlose Reihe von Gewaltherrschern an, die seit eh und je auch die Schauspielbühnen der Welt erobern.

C: Ja, und es ist irgendwie erstaunlich, dass solche Leute immer wieder geboren werden und allesamt den gleichen Denkfehler begehen.

R: Wie meinst du jetzt das, Carla?

C: Sie glauben, dass sie mit Gewalt dauerhaft ihre Einflusssphäre vergrößern können, dabei auch noch von einem höchst fragwürdigen Sendungsbewusstsein getrieben sind und unbedingt in die Geschichte eingehen wollen.

R: Ja, Carla, das ist fürwahr erstaunlich, dass auch heute so mancher Mensch denkt, mit Gewalt Ziele durchsetzen zu können, die dann auch noch Bestand haben sollen.

C: Im Grunde verhält sich so ein Mensch geradezu umwerfend dumm, Richard. Und so würde ich Putin auf der Bühne sagen, nein, ich würde ihm ins Gesicht schleudern, dass er nur gewaltlos erfolgreich sein kann.

R: Man muss befürchten, dass Putin dafür nicht geschaffen ist, er ist wohl recht einseitig angelegt. Er ist vielleicht intelligent, aber ganz bestimmt nicht klug.

C: So wird es wohl sein, Richard. Und jetzt bleibt nur zu hoffen, dass er den Rückhalt im russischen Volk verliert. Denn das russische Volk, das kulturell auf hohem Niveau steht, was ich Gott sei Dank über viele Jahre erfahren durfte, neigt fast ohne Ausnahme zum friedlichen Zusammenleben.

R: Leider ist allerdings auch festzustellen, dass im heutigen Russland eine Schicht zu finden ist, die wie Putin von einem Russland der alten Größe träumt und deshalb dessen Bestreben unterstützt.

C: Das habe ich bei meinen Aufenthalten in Russland auch bemerken müssen, Richard. Aber auch diesen Leuten müsste doch klar sein, dass das alte Russland nicht mit Gewalt wiederbelebt werden kann.

R: Sollte man eigentlich meinen, Carla.

C: Du, ich bin mir ganz sicher, dass sich manche alten Glieder der Sowjetunion dem gegenwärtigen Russland anschließen würden, wenn sie dort eine positive Zukunft für sich sehen könnten. Aber die abgefallenen Glieder der ehemaligen Sowjetunion können so etwas derzeit absolut nicht erkennen und werden sich Gewaltmaßnahmen keinesfalls beugen.

R: Ganz bestimmt nicht, Carla. Und so wird Putin und sein Gefolge ziemlich sicher erleben, dass man sich elementare Denkfehler nicht leisten kann.

Guggera

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