Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz führt zu Abbau und Entmenschlichung der Krankenhausversorgung

Beschluss im Bundeskabinett: Die Bundesregierung spielt mit dem Leben der PatientInnen

Am Mittwoch, den 15. Mai 2024 plant die Bundesregierung, das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz im Bundeskabinett zu beschließen. Das Gesetz sieht den Abbau der Krankenhauslandschaft vor. Sowohl die neu eingeführten Leistungsgruppen als auch die Vorhaltepauschalen werden zu Schließungen von Abteilungen und ganzen Häusern führen. Das Bündnis Klinikrettung und die Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern kritisieren das Reformgesetz:

Laura Valentukeviciute, Sprecherin von Gemeingut in BürgerInnenhand:
„Mit der Reform zielt die Regierung darauf ab, zahlreiche Krankenhäuser zu schließen. Das geschieht erstens, weil die strukturelle Unterfinanzierung bestehen bleibt. Auch die sogenannten Vorhaltepauschalen sind ein Etikettenschwindel, denn die Deckung entstehender Kosten der Häuser wird mit ihnen gerade nicht sichergestellt. Zudem werden mit der Einführung der Leistungsgruppen zahlreiche Krankenhäuser von bestimmten Behandlungen zwangsweise ausgeschlossen. Damit werden massenhaften Schließungen Tür und Tor geöffnet.“
Valentukeviciute weiter: „Den Krankenhauskahlschlag hat die Regierungskommission, welche die Reformvorschläge ausgearbeitet hat, selber zugegeben: Die Entfernungen zum nächsten Krankenhaus werden für viele Menschen signifikant weiter, circa 5,8 Millionen Menschen werden von der wohnortnahen Notfallversorgung ausgeschlossen. Die Bundesregierung spielt mit dem Leben der PatientInnen, die sich in einer akuten Notlage befinden werden.“

Das Bündnis Klinikrettung hat eine Stellungnahme zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz eingereicht.

Klaus Emmerich, Klinikvorstand im Ruhestand:
„Bewährte klinische Strukturen in ländlichen Regionen werden sinnlos zerschlagen. Viele klinische MitarbeiterInnen werden ihren Beruf aufgeben und nicht in Ballungszentren umsiedeln. Das wird große Lücken in die klinischen Versorgung reißen.“
Klaus Emmerich weiter: „Mit der Reform entmenschlicht der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die stationäre klinische Versorgung der Bevölkerung. Geld und Wettbewerb werden entscheiden, wer wo behandelt wird.”

Die Krankenhausreform wird fatale Folgen für die Krankenhausversorgung in Deutschland haben. Das prognostizieren mittlerweile auch andere Verbände wie die Deutsche Krankenhausgesellschaft oder die Bundesärztekammer. Das Bündnis Klinikrettung befürchtet folgende Auswirkungen der Reform:

  • Kleine ländliche Krankenhäuser werden in großem Umfang schließen.
  • Die wohnortnahe klinische Notfallversorgung wird massiv eingeschränkt.
  • Klinisches Fachpersonal wird in andere Berufe wechseln.
  • Verbleibende Großkliniken werden mit dem erhöhten Patientenaufkommen noch weiter überlastet werden.
  • Ältere Menschen werden in Großkliniken behandelt, isoliert und weit weg von ihrem sozialen Umfeld.
  • Unheilbar erkrankten PatientInnen im Endstadium wird die wohnortnahe klinische Versorgung mit Verweis auf vermeintlich schlechtere Behandlungsergebnisse verwehrt.

In einer neuen Videoreihe des Bündnis Klinikrettung mit dem Titel „Warum wohnortnahe Krankenhäuser unabdingbar sind“ berichten Klinikbeschäftigte und PatientInnen über die Folgen von Krankenhausschließungen. Die Videos sind hier zu finden.

Pressemitteilung Bündnis Klinikrettung


Schließung der neuropädiatrischen Fachklinik in Kempten verhindern

Notwendiges Eingreifen der bayerischen Gesundheitsministerin Judith Gerlach

Die Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern ist besorgt über die mögliche Schließung der neuropädiatrischen Klinik in Kempten bis Ende Juni 2024.1
Klaus Emmerich, Klinikvorstand im Ruhestand: „Die neuropädiatrische Fachklinik ist die Spitze des Eisbergs. Seit Jahreswende 2023/2024 sind in Bayern 17 bedrohte oder bereits massiv eingeschränkte Klinikstandorte bekannt. Es besteht dringender Handlungsbedarf, um die flächendeckende klinische Versorgung in Bayern binnen 30 Fahrzeitminuten zu sichern.2 Das neue bayerische Förderprogramm mit ausschließlich investiven Fördertatbeständen für kleine ländliche Krankenhäuser alleine reicht nicht aus.“ 3

Die Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern fordert die bayerische Gesundheitsministerin Frau Judith Gerlach auf:

  • Implementieren Sie einen runden Tisch für Regionen mit bedrohten Krankenhäusern.
  • Suchen Sie gemeinsam mit Klinikträgern, Klinikleitern, klinischem Personal und regionalen Patientenvertretern Lösungen zur Sicherung bedrohter Krankenhäuser.
  • Nehmen Sie Ihre bayerische Krankenhausplanung prospektiv und aktiv wahr, anstatt klinische Schließungen nachträglich im Krankenhausplan abzusegnen.

Hintergrund:
Die Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern hat seit Jahreswende 2023/2024 bereits folgende bedrohte Klinikstandorte recherchiert:

  • Komplettschließungen zum 01.03.2024: Schongau,
  • Beschlossene Komplettschließungen: Selb, Ruhpolding, Helios Klinik Hammelburg mit Zusammenführung am Standort Bad Kissingen
  • Erwogene Klinikschließung: Neuropädiatrische Klinik Kempten,
  • Drohende Komplettschließungen bzw. Insolvenzen: Mainburg, Kösching, Coburg, Neustadt/Coburg, Lichtenfels, Drohende Schließungen der Notaufnahme: Wertheim, Oberstdorf, Hautklinik Hersbruck
  • Beschlossene Schließungen der Notaufnahme: Wegscheid, Tirschenreuth, Alzenau
  • Bedrohte Klinikstandorte: Dinkelsbühl, Rothenburg ob der Tauber
  • Schlimmstenfalls werden 243.000 EinwohnerInnen, d.h. ¼ Millionen bayerische EinwohnerInnen von einer bedarfsnotwendigen wohnortnahen klinischen Versorgung bzw. Notfallversorgung abgeschnitten.4

Pressemitteilung Bündnis Klinikrettung

1 Allgäuer Zeitung, Neuropädiatrie Kempten droht Schließung – Allgäuer Familien mit schwerstkranken Kindern schlagen Alarm, https://www.allgaeuer-zeitung.de/allgaeu/kempten/allgaeuer-familien-mit-schwerstkranken-kindern-schlagen-alarm_arid-740969
2 Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern, Unterversorgung,
https://schlusskliniksterbenbayern.jimdofree.com/unterversorgung/
3 Bayerisches Ministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention, Gerlach: Bayern startet am 2. Mai neues Förderprogramm für kleinere Krankenhäuser auf dem Land – Bayerns Gesundheitsministerin: Wir nehmen über einen Zeitraum von fünf Jahren 100 Millionen Euro in die Hand,
https://www.stmgp.bayern.de/presse/gerlach-bayern-startet-am-2-mai-neues-foerderprogramm-fuer-kleinere-krankenhaeuser-auf-dem/?output=pdf
4 Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern, Startseite,
https://schlusskliniksterbenbayern.jimdofree.com/

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