Totales Scheitern braucht keine Ehrung

Transparenz und Einsatz fürs Gemeinwohl fehlten an zentralen Stellen

Meine Enttäuschung über die Stadtpolitik, vor allem was das Thema »Transparenz« betrifft, wenn sie – wie dies beim Thema »Vermögensschaden« geschehen ist – seitens der Verwaltung achtlos archiviert wird, lässt sich einfach nicht mehr verdrängen.

Da wurde doch tatsächlich eine von der Rechtsaufsicht zur Veröffentlichung bereits freigegebene und modifizierte Erklärung nicht zuletzt durch den hartnäckigen Einsatz der Verwaltung gekippt.

Hinzu kommt auch noch mein erfolgloser Dauereinsatz fürs Gemeinwohl.

Vergeblich habe ich mich viele Jahre bemüht, den von der Bundespolitik völlig aus dem Ruder gelaufenen Steuersenkungswahn für große Unternehmen, sprich Kapitalgesellschaften, durch Maßnahmen, die einer Kommune zur Verfügung stehen, etwas abzumildern. Im Jahr 2008 wurde erneut die Steuerbelastung für Kapitalgesellschaften, also für große Unternehmen, Holdings etc., erheblich gesenkt. Die Körperschaftsteuer fiel von 25 auf 15 Prozent. Allein diese Maßnahme sorgte für eine Entlastungswirkung von etwa 12,5 Milliarden Euro.

Zu mehr Steuergerechtigkeit gehört, dass die Kommunen diese Steuerentlastungen bei der Festlegung der Hebesätze entsprechend berücksichtigen, um die eigene Finanzkraft zu stärken und dabei auch die Kapitalgesellschaften mit einzubeziehen. Das haben andere Kommunen wie Weilheim und Peiting unter zum Teil tatkräftiger Mitwirkung von Bürgermeister und Kämmerei geschafft. In Schongau kamen von Bürgermeister und Kämmerei überhaupt keine Signale zur Stärkung des Gemeinwohls durch eine angemessene Hebesatz-Politik aufgrund dieser Steuersenkungen.

Einen Hebesatz von 380 % haben inzwischen Landkreisgemeinden wie Peißenberg, Peiting, Hohenfurch, Burggen, Steingaden, Bernbeuren, Wessobrunn, Wielenbach, Bernried (…) sowie die Stadt Weilheim. Im Schongauer Stadtrat bekommen Befürworter von 380 % u. a. zu hören, sie seien „gierig“, wollten Unternehmen nur „schröpfen“ und die Stadt habe ohnehin „genug Einnahmen“, eine Erhöhung der Gewerbesteuer sei der falsche Weg und eine „Milchmädchenrechnung“. Vor allem sind es die Fraktionen der CSU und UWV, die sich vehement für die entlasteten Kapitalgesellschaften einsetzen. Frage: Sind andere Städte und Gemeinden so „gierig“ und „auf dem falschen Weg“, weil sie von den Gewinnen der Kapitalgesellschaften etwas mehr fürs Gemeinwohl generieren wollen?

Übrigens: Gab es hier in Schongau nicht mal eine städtische Musikschule, ein Stadtmuseum und eine Stadtbücherei? Dass diese wichtigen Einrichtungen hier noch ehrenamtlich betrieben werden können, ist sicherlich erfreulich. In anderen Orten sind sie in kommunaler Hand geblieben (z. B. auch in Weilheim, Peißenberg, Peiting, …).

Vielleicht können diese Erläuterungen zum besseren Verständnis beitragen, warum ich meinen jahrzehntelangen vergeblichen Einsatz nicht mit einer Ehrung abschließen wollte. Zum Abschluss fehlen jetzt nur noch die klaren, deutlichen Worte von Josef Deimer (CSU) hier im Anhang.

Sigi Müller, Schongau

Josef Deimer (CSU): »Was ist sozial gerecht?«

Bereits im Jahr 2004 hat der damalige Landshuter Oberbürgermeister und Vorsitzende des Bayerischen Städtetags Josef Deimer (CSU) in seinem Beitrag »Was ist sozial gerecht?« die Entwicklung der Gewinnsteuern mit der Steuerbelastung für Arbeitnehmer und Verbraucher verglichen: „1960 waren Lohnsteuer, Umsatzsteuer, Verbrauchssteuern und Mineralölsteuer, also die Steuern der Arbeitnehmer und Verbraucher, mit 37,5 Prozent am Steueraufkommen beteiligt. Im Jahr 2002 machten die Steuern auf Arbeit und Verbrauch 79,2 Prozent des deutschen Steuerkuchens aus. Im Gegensatz dazu war 1960 der Anteil aus der veranlagten Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Zinsabschlag noch mit 34,7 Prozent am Steueraufkommen beteiligt. Im Jahr 2002 ist der Anteil dieser Gewinnsteuern auf 12,2 Prozent zurückgegangen.“

Josef Deimer kam schon damals zu dem Schluss: „Den Unternehmen wurden zu Lasten der Arbeitnehmer hohe steuerliche Vorteile eingeräumt.“ Aber Deimers Mahnung aus dem Jahr 2004 an die Wirtschaftsverbände, auf diesem niedrigen Niveau nicht immer noch weitere Steuersenkungen zu fordern, blieb, wie wir heute wissen, leider unerhört.

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