Der Hype um die Bienen – was wirklich hilft

Nachdenkliches zum 1. Weltbienentag von einem Stadt- und Hobbyimker (Teil 1)

Bienen sind hipp

Fleißig, putzig, pelzig, süßen Honig sammelnd, durchaus wehrhaft; im gesellschaftlichen Mainstream als Sympathieträger angekommen, noch nicht wie Hundewelpen oder Katzenbabys – aber fast. Und Imker scheinen, bei all ihren sonstigen Sorgen, plötzlich zumindest keine Nachwuchssorgen mehr zu haben. Imkervereine können sich vor Interessenten und Neumitgliedern nicht mehr retten. Viele versuchen sich als Stadtimker, es gibt endlich mehr Imkerinnen. Und Blühstreifen oder Insektenweiden sind en vogue.

Man liest, hört und vernimmt auch die Bedeutung von Insekten allgemein, Wildbienen, Hummeln, Schmetterlingen. Bald wird es in Bayern ein Volksbegehren zur Artenvielfalt geben, es nutzt die Bienen klug als kommunikatives Leitmotiv: https://volksbegehren-artenvielfalt.de

Die Realität ist grau oder wo viel Licht ist, da ist auch viel Schatten

Jetzt war da auch noch 1. Weltbienentag am 20. Mai. Sogar die deutsche Bundeskanzlerin erwähnte Bienen in ihrer Rede während der Haushaltsdebatte im deutschen Bundestag, auf Regierungsdächern wuseln sie schon seit Jahren rum. Und DBV-Präsident Rukwied baut den Dialog mit Imkern aus. Wer solche Freunde hat, der braucht keine Feinde, das war mein erster Gedanke. Alles gut? Ein toller Trend? Sind wir auf dem richtigen Weg? Leider nein. Die Realität ist grau, bei aller Buntheit und Vielfalt. Eher in Richtung ADHS: Aufmerksamkeitsdefizithyperaktivitätssyndrom.

Es bringt nichts, zum Aktionstag auf Bienenfreund zu machen, auf nationaler und EU-Ebene aber Tag ein, Tag aus, aktiv oder in wohlkalkulierter Abstimmungstaktik gegen Bienen und Biodiversität zu arbeiten. Unsere Regierung setzt sich für Agrarchemie, Zulassungsverlängerung von Totalherbiziden, Verbotsverzögerung von Neonikotinoiden, Verharmlosung in Risikostudien ein. Es ist die engagierte Zivilgesellschaft, nicht die Politik, die für Besserungen und Veränderung sorgt!

So kann jeder Bienen wirklich helfen:

  • lasst sie in Ruhe, es gibt schon genug Kümmerer & Imker;
  • kauft Honig aus der Region, sofern ihr das Glück habt, nicht Felder mit Agrarwüste um euch rum zu haben und bezieht Honig von Imkern und Imkerinnen, die nach ökologischen Grundsätzen imkern (biozertifiziert wird nämlich die Wirtschaftsweise, nicht die Biene);
  • kauft grundsätzlich überwiegend saisonale Bio-Lebensmittel aus der Region;
  • engagiert euch für eine Agrarpolitik auf deutscher und EU-Ebene, die eine ökologische und kleinteilige Ausrichtung unserer Landwirtschaft forciert, sowie synthetische/systemische Spritz- und Beizmittel (genannt Pflanzenschutz) reduziert oder ganz verbietet;
  • hinterfragt die Motive und das Handeln von selbsternannten Bienenfreunden von der BayWa, über Bayer bis zu hin zu Penny-Aktionen;
  • sorgt in eurem persönlichen Umfeld und Einflussgebiet für die Umsetzung von Maßnahmen, die Biodiversität, Artenvielfalt und Insektenverbreitung fördern;
  • gebt eure Liebe den Wildbienen, Hummeln, Schmetterlingen und anderen Insekten;
  • gebt mehr Geld für gute Lebensmittel aus und kämpft für eine Wirtschafts- und Sozialpolitik, die alle Menschen von ihrer Arbeit leben lässt und – Stichwort: Mieten – auch in Ballungsräumen Wohnen bezahlbar erhält.

Markus Hahnel, Leiter des SlowFood Conviviums München

(Teil 2 im Juli-OHA: u. a. »Faszinosum Honigbiene… Blitzgescheit auch ohne richtiges Gehirn… Sex sells … Biene als Nutztier)

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