Eine weltoffene, zauberhafte Vision: Wenn der Muezzin am Marienplatz zum Gebet ruft …

… ist das eine wunderschöne Idee der PEGIDA?

Im Jahre 2010 habe ich eine Reise nach Syrien unternommen. In meinem Tagebuch von dieser Reise (OHA-LeserInnen kennen bereits Auszüge daraus) findet sich folgender Eintrag: „Der nächste Tag ist ein Sonntag. Früh werde ich geweckt – nein, nicht vom Ruf des Muezzin, sondern vom Glockengeläut der im 19. Jahrhundert gebauten katholischen Kirche hinter dem Hotel … Man stelle sich nur einmal vor, einen Steinwurf von Münchens Marienplatz entfernt riefe am Morgen der Muezzin zum Gebet! Beschämt muss ich mir eingestehen, dass für den größten Teil meiner deutschen Mitbürger eine solche Vorstellung wohl unerträglich ist.“ Ja, und nun höre ich kürzlich auf der Sendlinger Straße aus der Ferne das melodische »Allahu Akbar« eines Muezzins! Am Marienplatz angekommen, wo ein Häuflein PEGIDA-Anhänger Touristen und Einheimische mit Gebeten des Islam beschallt, muss ich mir eingestehen, dass ich meine Mitbürger damals falsch eingeschätzt habe: Kein Aufruhr, kein Protest, nein, im Gegenteil: „Wie schön das klingt“, murmelt neben mir eine Frau und auch andere Passanten bleiben stehen und lauschen dem meditativen, arabischen Sing-Sang, der stark an die frühchristlichen Choräle aus dem 6. Jahrhundert erinnert. Der Islam gehört eben doch seit Jahrhunderten zu Europa … Später läuten die Glocken von der Frauenkirche herüber, und ich fühle mich in das tolerante, weltoffene, zauberhafte Aleppo von einst zurückversetzt. PEGIDA sei Dank, wollen uns doch die streitbaren Verteidiger des christlichen Abendlandes die kommenden zwei Jahre auf dem Marienplatz die Kultur des Orients näher bringen! Ich wünsche ihnen viel Erfolg dabei! Nur sollte man die PEGIDA-Experten gegen die Islamisierung des Abendlandes mal bei Gelegenheit darüber aufklären, dass der islamische Gebetsruf, der Adhan, nicht etwa alle Viertelstunde, sondern lediglich fünf Mal am Tag ertönt! Unsere Kirchenglocken beschallen uns ja auch nicht pausenlos …

Wolfgang Fischer
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