Aus meinem Tagebuch 05/2022

Nach ein paar erholsamen Tagen, die wir – Renate und ich – im Schwarzwald verbrachten, hat uns der Alltag wieder in Beschlag genommen. Wir waren dort in herrlicher Umgebung auf wunderschönen Wegen und Pfaden sehr viel zu Fuß unterwegs.

Mal über Stock und Stein durch Berge und Täler zu wandern, hat schon seinen besonderen Reiz. Unsere Wanderungen insbesondere von Baiersbronn hinauf zum Sankenbachsee und auf den Stegen, Leitern und Treppen des Lotharpfads im »Nationalpark Schwarzwald« haben sich fest in unserer Erinnerung verankert. Orte wie Freudenstadt – aber auch kleinere Ortsteile wie Klosterreichenbach und viele andere – werden uns insbesondere mit ihren zahlreichen fußgängerfreundlichen Zebrastreifen in bester Erinnerung bleiben.

Einen kräftigen Ruck zurück in die Welt des Alltags hat mir am Ende unseres Aufenthalts noch die Lektüre im »Schwarzwald Gäste-Journal« beschert. Ich denke, meine kurze  Zusammenfassung hier könnte auch für diese unsere Zeit hilfreich sein und uns nachdenklich stimmen.

Da ging es unter der Rubrik »Schwarzwald Urlaubs-Tipps« auch um den aus Pforzheim stammenden Johannes Reuchlin, der in der Zeit von 1455 bis 1522 lebte. Seine Eltern kamen aus dem Nordschwarzwald nach Pforzheim. Reuchlin war ein Kenner alter und neuer Sprachen wie Latein, Hebräisch sowie Deutsch, Französisch, Italienisch und Griechisch. Kaum 15 Jahre alt, studierte Johannes Reuchlin in Freiburg, später in Paris, Basel, Orleans, Poitiers, erwarb einen Doktortitel und reiste auch nach Italien. Er galt als Vordenker der Aufklärung, als Humanist und Mann der Wissenschaften. Der »Menschen- und Bücherfreund« hinterließ der Nachwelt eine stattliche Bibliothek mit Werken von unschätzbarem Wert, darunter auch Übersetzungen des Alten Testaments aus dem Hebräischen. Er war über 10 Jahre sogar oberster Richter beim Schwäbischen Bund.

Die Zeit Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts war geprägt von einer Welle des Hasses und der Hetze gegen Juden und deren Vertreibung. Die kirchliche Inquisition  wandte sich damals auch gegen Muslime, Ketzer und Hexen. Reuchlin verwies dennoch immer wieder auf die große Bedeutung der jüdischen Traditionen für die europäische Kultur, stellte sich mutig gegen die Judenverfolgung seiner Zeit. Diese Haltung hatte für ihn unangenehme Folgen und es kam auch zu einem Prozess vor dem Apostolischen Stuhl in Rom. Johannes Reuchlin starb 1522 im Alter von 67 Jahren. Hier zum Abschluss ein Zitat, das seine klare Haltung gegenüber einen seiner schärfsten Gegner kennzeichnet: „Ich weiß, meine Gegner hat es verdrossen, dass ich die Juden als unsere Mitbürger bezeichnet habe. Jetzt will ich sie noch mehr verärgern, sodass sie platzen, wenn ich sage, dass die Juden unsere Brüder sind.“

Eigentlich sollte es das für heute gewesen sein. Aber halt: Da lese ich in meinen Aufzeichnungen, dass auch seit 2004 in der Regierung sitzende Ukrainer Hasstiraden von sich gegeben haben. Gregor Gysi zitierte im Deutschen Bundestag den damaligen Vorsitzenden der rechtsextremen und antisemitischen »Swoboda-Partei«: „Schnappt euch die Gewehre, bekämpft die Russensäue, die Deutschen, die Judenschweine und anderes Ungeziefer.“ Dies hat der NDR am 17.03. 2014 dann allerdings in korrigierter Form wiedergegeben. Da hieß es: „Sie hängten sich Gewehre um den Hals und gingen in die Wälder. Sie kämpften gegen Russen, gegen die Deutschen, gegen Judenschweine und sonstiges Gesindel, welches uns den ukrainischen Staat wegnehmen wollte! Man muss endlich die Ukraine den Ukrainern geben!“

Jetzt höre ich einfach auf, weitere Untersuchungen anzustellen. Es bleibt aber die wichtige Frage: Wird mit dieser Korrektur der Inhalt von Gysis Aussage in irgendeiner Form beeinflusst?

Ich will nun einfach diese ausgetretenen Ab- und Irrwege verlassen und suche mir jetzt zur Entspannung einen unbewachsenen, unbelegten oder unbesetzten Baumstumpf im nahegelegenen Wald aus, der aber, wie diese Fotomontage zeigt, gar nicht so leicht zu finden ist.

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